Frau Müller muß weg!
Wird als bitterböse Komödie bezeichnet und dem kann ich mich nur anschließen! Alle Eltern der Schüler an einer Grundschule in Dresden haben die Lehrerin als Alleinschuldige für den Leistungsabfall ihrer Kinder ausgemacht und deshalb ist ganz klar: Frau Müller muß weg! Für die Eltern und Kinder steht viel auf dem Spiel. Das Abschlußzeugnis der Viertklässler entscheidet über die weitere schulische Karriere. Vielleicht sogar über das ganze Leben??? Meine einzige Erfahrung zu diesem Thema ist aus meiner eigenen Schulzeit. Ich kann mich gut an den Ärger meiner Mutter darüber erinnern, daß mir in meinem Zeugnis nur ein „bedingt geeignet“ für das Gymnasium bescheinigt wurde. Und da sind wir schon mitten im Film! Der Elternsprecherrat, bestehend aus zwei Müttern, einem Vater und einem Ehepaar, ist an einem Samstagnachmittag im Klassenzimmer mit Frau Müller verabredet. Ohne Wissen der Schulleitung wollen sie die Lehrerin überzeugen, freiwillig die Klasse abzugeben. Frau Müller muß also weg. Frau Müller kommt etwas verspätet und völlig ahnungslos in die Höhle des Löwen, bietet Gebäck an und geht von einem Gespräch in freundlicher Atmosphäre aus. Nach einem anfangs harmlosen, netten Vorgeplänkel, beispielsweise über das Umweltprojekt der Schüler, nämlich aus Kastanien Figuren zu basteln, kommt Mutter Anke Engelke, die sich zuvor bescheiden, wie sie ist, zur alleinigen Wortführerin auserkoren hat, zur Sache. Schlagartig ist Schluß mit lustig und auch die anderen Eltern kommen so nach und nach aus ihrer Deckung. Frau Müller wird beschimpft und ihre pädagogische Kompetenz in Frage gestellt. Zum großen Erstaunen der Fünferbande bläst die Lehrerin zum Gegenangriff. Für Frau Müller kommt ein Verlassen der Schulklasse an der Schulleitung vorbei nicht in Frage. Das einzige, was sie verläßt, ist das Klassenzimmer, und zwar schlagartig. Da Frau Müller nicht wiederkommt und man sich mit diesem Nullergebnis keinesfalls zufriedengeben kann, wird beschlossen, Frau Müller im Schulgebäude zu suchen. Jetzt wird’s erst richtig interessant. Ohne gemeinsames Feindbild beginnt das verbale Gemetzel nun eben untereinander. Kleine körperliche Feindseligkeiten sind dabei inbegriffen. Das gebastelte Umweltprojekt geht zu Bruch, das Klassenzimmer wird mit Wasser geflutet, es kommt zu einer Kakao-Überschwemmung und Mutter Engelke geht in vielerlei Hinsicht baden. Abgründe tun sich bei allen auf und von mir aus hätte das noch eine ganze Weile so weitergehen können. Als die Eltern die von Frau Müller im Klassenzimmer vergessene Handtasche mit dem Zensurenbüchlein entdecken, können sie der Versuchung, darin zu blättern, nicht widerstehen. Zur allgemeinen Überraschung sind die Noten gar nicht so schlecht, sondern sogar richtig gut. Jetzt ist die Devise: Frau Müller muß bleiben! Die steht nun plötzlich in der Tür, um nach ihrer Handtasche zu suchen. Um es kurz zu machen, sie ist schnell zum Bleiben zu überzeugen, und bietet an, vorab schon einmal die Benotungen preiszugeben. Was jetzt passiert, verrate ich nicht. Ich hoffe, ich habe noch nicht zu viel erzählt. Was wirklich weg oder jedenfalls nicht da war, war eine Hörfilmbeschreibung, was ich aber vorher wußte. Ich saß zwischen zwei Freundinnen mit Popcorn und Cola auf einer Couch und bekam mal von rechts und mal von links in den seltenen Dialogpausen was zugeflüstert.
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