Von App zu App!

Die Apps Greta und CinemaConnect haben dieselbe Bestimmung: Sie flüstern den Kinoblindgängern im Kinosaal über Kopfhörer an Phones smart die Bildbeschreibung des jeweiligen Films ins Ohr. Das tun die beiden bereits unterschiedlich lange und jede für sich auf ihre ganz spezielle Art und Weise. Mal hören, was sich die zwei sich in ihrem, wie ich finde, längst überfälligem Tête-à-Tête so zu sagen haben! Greta: Tach, CinemaConnect! CinemaConnect: Moin, Greta! Greta: Vor einigen Tagen bist du direkt neben mir ganz smart auf dem Bildschirm des Phones der Blindgängerin aufgeschlagen. Wie wär’s, wenn wir mal so von Nachbarin zu Nachbar und App zu App eine Runde plaudern und uns über uns und unsere Erfahrungen austauschen? CC: Du sprichst mir aus der Seele. Ich habe auch schon damit geliebäugelt, bei dir anzuklopfen, wollte nur nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Im App Store und Google Play umkreisen wir uns ja schon seit einiger Zeit, aber für ein gepflegtes Gespräch ist es da einfach zu ungemütlich. Mich kann man von dort übrigens kostenlos herunterladen! Greta: Mich auch. Jetzt erzähl aber doch mal von dir, seit wann gibt es dich und wie tickst du eigentlich? Daß du aus dem hohen Norden kommst, ist ja schwer zu überhören. CC: Jau, ich komme aus dem auch in Hamburg ansässigen Hause Sennheiser, dem Spezialisten für Kopfhörer- und Mikrophontechnik. Aber du bist ja schon länger in Aktion, ich glaube seit fast zwei Jahren, und deshalb mach du man den Anfang. Greta: Also gut. Ick komme aus Berlin und hatte meine Premiere im Dezember 2013 in einem Kino in den Hackeschen Höfen, und zwar mit der Hörfilmbeschreibung für den Film „Imagine“. Ich war an dem Abend ganz schön nervös. Erstaunlich viele frischgebackene Kinoblindgänger saßen mit gezückten Smartphones in der Vorstellung. Zum Glück hat alles gut geklappt. Seitdem habe ich einige kosmetische Eingriffe über mich ergehen lassen, um up to date zu bleiben. Das wird sich in unserer schnellebigen Zeit wohl auch in Zukunft nicht vermeiden lassen. CC: Wem sagst du das, das gilt ja App-übergreifend. Aber wer hat dich eigentlich erfunden? Greta: Jedenfalls nicht die Schweizer. Ich bin die Erfindung von Seneit Debese und die geniale Idee kam ihr vor vier Jahren bei den Dreharbeiten für eine Reportage über Kidisti Weldemichael. Die damals 19-jährige Kidisti war mit 12 Jahren überraschend erblindet und erzählte mit ansteckender Lebensfreude davon, wie das ihr Leben völlig umgekrempelt hat. Und sie beschrieb ihre Träume und Erwartungen für die Zukunft. Einer dieser Träume war, bei den Paralympics in London eine Medaille zu erlaufen. CC: Das klingt nach einer spannenden und Mut machenden Geschichte! Wer war dieses Mädchen? Greta: Kidisti kam ursprünglich aus Eritrea und lebte damals erst seit fünf Jahren in Halle. Im Netz findest du den Bericht unter dem Schlagwort „Kidi hat einen Traum“. Seneit hatte zuvor noch nie Kontakt mit jemandem, der nicht gucken kann, und ihr brannte die Frage unter den Nägeln, ob Kidisti auch ins Kino geht. Natürlich ging sie und sogar gerne mit ihren Freunden ins Kino, allerdings sei die fehlende Hörfilmbeschreibung eine Spaßbremse, du weißt ja! Von der lebensbejahenden Kidisti und dem damals erst so allmählich entstehenden Inklusionsgedanken inspiriert, wollte Seneit unbedingt einen Weg finden, die ja schon vorhandenen Hörfilmbeschreibungen nun auch in die Ohren der Kinoblindgänger im Kinosaal zu bekommen. Sie meint, das Kino sei ein Fenster zur Welt, und wenn die Menschheit schon seit 50 Jahren zum Mond fliegt, muß es doch eine Möglichkeit geben, daß wirklich alle gemeinsam durch dieses Fenster schauen können. Na ja, für einige muß eben einfach nur der Rolladen hochgezogen werden. CC: Das mit dem Fenster und dem Rolladen ist eine echt schöne Metapher, aber wie kommst du eigentlich auf den Begriff „Kinoblindgänger“? Greta: Der ist nicht auf meinen Mist gewachsen. Unsere Zielgruppe so zu nennen, war die Idee der Blindgängerin. CC: Da hat die Blindgängerin den Nagel wirklich auf den Kopf getroffen, jeder kann sich sofort vorstellen, wer gemeint ist. Greta: Stümmt, und ihre Seite bei Facebook heißt jenauso. Aber bevor ich vor Neugier platze, wer hat dich eigentlich aus dem Hut gezaubert? CC: Ein Geistesblitz! Greta: Donnerwetter! CC: Das kam danach. Erst einmal geistesblitzte es vor sechs Jahren in den Köpfen der Herren Andy Niemann von Sennheiser und Jörn Erkau von einer Firma für Besucherinformationssysteme. Greta: Wie bitte?! CC: Ja, du hast schon richtig gehört. In dem Wirtschaftsmagazin „Brand Eins“ kannst du in der Ausgabe vom August 2015 unter der Überschrift „Wie bitte?!“ alles in Ruhe nachlesen. So wie wir gerade schnacken, plauderten die beiden Herren bei einem Abendessen über die Schulung von Personal, das die Audioguides pflegen und an die Besucher ausgeben soll, zum Beispiel in einem Museum. Ausgelöst hatte den Geistesblitz das brandneue Smartphone von Herrn Erkau, der zwischen Hauptgang und Dessert seine neue Errungenschaft vorführte, mit all den darauf herumwuselnden Apps. Beim Anblick dieses Gewusels funkte es bei den Herren. Es entstand die Idee, die Besucher könnten statt eines Audioguides im gegenständlichen Sinne ihr Smartphone mit einer entsprechenden App nutzen. Greta: Das klingt pfiffig, aber was nutzt dit den Kinoblindgängern? CC: Gemach, gemach, in der Ruhe liegt die Kraft! Die beiden Herren waren von da an ein Team. Für meine Entwicklung, ich war mittlerweile immerhin schon einmal ein Projekt, wurde sogar eine Firma gegründet, die Sennheiser Streaming Technologies GmbH mit Sitz in Hamburg. Schnell wurde nämlich erkannt, daß der Geistesblitz nicht nur Museums- und Konferenzbesuchern nutzt, sondern auch Schwerhörigen den Theater- und Kinobesuch schmackhafter machen könnte. Ich komme nun mal aus der Branche für Mikrophon- und Kopfhörertechnik. Mensch Greta, du zappelst schon wieder so ungeduldig, gleich komme ich wieder auf die Kinoblindgänger zu sprechen. Aber vorher muß ich noch einmal ein büschen ausholen. Ich bin nämlich der jüngere Bruder von MobilConnect, der hat den Job, sich um alle möglichen Live-Events zu kümmern. Alles bei solchen Veranstaltungen in ein Mikrophon Gesprochene wird als Daten an die Connectstation übermittelt. Die ist eine etwa 50 cm breite Zauberbox, die irgendwie ein geschlossenes drahtloses Netzwerk aufbaut und das Palaver fließend wie ein Strom an beliebig viele Smartphones sendet, deshalb

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