Blog Blindgaengerin

Internationaler Hörfilm

Raum

Die Ebstorfer Weltkarte gilt als die größte und umfangreichste Weltkarte des Mittelalters. Sie ist rund, weil die Erde bekanntlich eine Scheibe war, und hat einen Durchmesser von etwa 3,6 m. Die ganze Welt auf einer Fläche von gut 10 m²! Noch weniger Platz steht Joy und ihrem Sohn Jack in ihrer ganzen Welt, dem „Raum“, zur Verfügung. Die vier fensterlosen Wände des Raumes bilden ein 9 m² großes Rechteck und die einzige natürliche Lichtquelle ist eine in die Decke eingelassene Glasscheibe. Die Tür zum Raum fiel vor sieben Jahren hinter der damals 17-jährigen Joy ins Schloß. Nach zwei Jahren Einzelhaft der jungen Frau erblickt dort ihr Sohn Jack nicht das Licht der Welt, sondern nur das spärliche Tageslicht im Raum, jedenfalls für seine ersten fünf Lebensjahre. Kurz vor seinem fünften Geburtstag beginnt die Filmgeschichte und zumindest für den Zuschauer öffnet sich die Tür schon einmal einen Spalt breit. Ebenfalls durch diesen Spalt spähen die Hörfilmautoren und lassen Jack und Joy bis zum Schluß nicht mehr aus den Augen. Ohne die beiden beim Schlafen, Waschen und Essen zu stören, wird informativ, aber knapp beschrieben, wie sie sich in ihrem kleinen Lebensraum eingerichtet haben. Der Einzige, der von den beiden Gefangenen weiß und die Tür jederzeit mit einem Zahlencode ganz öffnen kann, ist Old Nick. Seitdem er Joy vor sieben Jahren in einen Hinterhalt lockte, um sie einzusperren, macht er von dieser Möglichkeit auch jede Nacht Gebrauch. Sprachlich hat der Raum seine Wurzeln im althochdeutschen „rumi“, was soviel wie „weit und geräumig“ heißt. Von geräumig kann man bei diesem 9 m² kleinen Gefängnis wohl kaum sprechen. Die Ausstattung und Größe des Raumes unterscheidet sich nur unerheblich von der einer Zelle im deutschen Strafvollzug. Weil dazu auch eine Toilette gehört, kam im Gefängnisjargon die Wortschöpfung des „Wohnklos“ auf. Gefangene haben allerdings den großen Vorteil, durch ein wenn auch vergittertes Fenster nach draußen schauen zu können und ihr Wohnklo gelegentlich verlassen zu dürfen, um an der frischen Luft einmal tief durchzuatmen. Aber für Jacks Welt ist im Multifunktionsraum dank seiner jungen Mutter ausreichend Platz. Mit ihrer grenzenlosen Liebe und Geduld versucht sie mit wenigen bescheidenen Mitteln, aber umso mehr Fantasie, Jacks Welt in dem trostlosen Karton so bunt und abwechslungsreich wie möglich zu gestalten. Als Ersatz für ein Haustier bastelt sie eine Eierschlange, die aus auf einer Schnur aufgefädelten Eierschalenhälften besteht. Diese Kreativkreatur wohnt unter dem Bett und wird wie alle Gegenstände im Raum von Jack jeden Tag mit einem fröhlichen „Guten Morgen!“ begrüßt. Das Gefühl von Beklemmung, das sich immer stärker in mir breit machte, konnte ich leider nicht mit dem Gedanken bekämpfen, daß ja alles nur im Film geschieht. Das Drehbuch für den Film schrieb Emma Donoghue nach der Vorlage ihres Romans „Raum“ aus dem Jahr 2010, bei dem sie sich an den grauenvollen österreichischen Kriminalfall Josef Fritzl anlehnte. Allerdings läßt sie es ihren Figuren nicht ganz so schrecklich wie in der Realität ergehen. Vor allem die Art und Weise, wie der kleine Jack fröhlich und unbekümmert die Filmgeschichte aus seiner Sicht erzählt, läßt den traurigen Hintergrund manchmal vergessen. Bei seiner Mutter Joy merkt man dagegen deutlich, wieviel es ihr abverlangt, dem Jungen das Leben in der Enge erträglich zu machen. Es fällt ihr immer schwerer, auf Jacks Fragen plausible Antworten zu finden. Auch die Bilder von der Welt draußen, die der Fernseher als einziger Luxusgegenstand in den Raum bringt, kann sie ihm kaum noch als Fantasiewelt verkaufen. Menschlich wie schauspielerisch sind die beiden ein sympathisches, unschlagbares und perfekt eingespieltes Team. Deshalb können sie auch den Teufel überlisten und fliehen. Old Nick, wie die beiden ihren Peiniger nennen, ist nicht dessen Name, sondern eine englische Bezeichnung für den Teufel. Obwohl ich bereits vor dem Kinobesuch von der geglückten Flucht wußte, pochte mein Herz vor Aufregung bis zum Hals. Nach der anfänglich übergroßen Freude und Erleichterung wird sehr schnell deutlich, wie schwierig und lang der Prozeß für die beiden sein wird, sich in den vielen Räumen und Freiräumen, die ihnen jetzt offenstehen, zurecht zu finden. Auch die ausschließliche Zweierbeziehung zwischen Mutter und Sohn gibt es von einem auf den anderen Tag so nicht mehr. Während Jack allmählich besonders die schönen Seiten der unverschlossenen Welt entdeckt und zu schätzen lernt, fällt Joy zunächst in ein tiefes Loch. Sie hat zwar ihr Leben zurückbekommen, aber die letzten sieben Jahre sind unwiederbringlich verloren. Aber sie hat Jack und mit seiner Hilfe schöpft sie wieder ein bißchen Lebensmut. Weil der Drehbuchautorin beide Lebensphasen ihrer Filmfiguren gleich wichtig sind, platziert sie die Flucht exakt in die Mitte des Filmes. Genau diese gleiche Gewichtung ist nur eine der großen Stärken des „Raums“, auch wenn ich mich in meinen Artikel nicht daran gehalten habe. Wäre der Hörfilmbeschreibung kein Platz auf der Liste der App Greta eingeräumt worden, hätte ich mich nicht auf den „Raum“ eingelassen. Es gab so viele wortlose, aber umso gestenreichere Szenen mit ausdrucksstarker Mimik, deren Beschreibung mir dank Greta nicht vorenthalten wurde.

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Hail, Caesar!

Der Papa wird’s schon richten, der Papa macht’s schon gut, der Papa, der macht alles, was sonst keiner gerne tut. Ohne diesen Richtepapa wäre die Familie, über die Peter Alexander fröhlich in seinem Schlager von 1981 trällert, ganz schön aufgeschmissen. Ähnlich erginge es im Film „Hail, Caesar!“ einem gewissen Filmstudio im goldenen Zeitalter Hollywoods Anfang der 50er Jahre, wenn nicht Eddie Mannix alles richten würde. Gemeint ist das Studio „Capitol Pictures“, in dem gerade gleichzeitig die Dreharbeiten für einen Western, ein Matrosen-Musical, ein sogenanntes Aqua-Spektakel und ein neues elegantes Gesellschaftsdrama laufen. Aber die größte und alles andere in den Schatten stellende Produktion ist die Verfilmung des biblischen Schwert- und Sandalen-Epos „Hail, Caesar!“. Dieses Pensum zu bewältigen, scheint selbst dann fast unmöglich, wenn alles und jeder wie geschmiert funktioniert. Gleich bei seinen ersten mit ruhiger, tiefer und warmer Stimme gesprochenen Worten stellte ich mir unter Eddie einen älteren, freundlichen, gutmütigen und etwas abgespannten Herrn vor. Der Schauspieler Josh Brolin schätzt an seiner Filmfigur besonders deren väterliche Stärke, Eddie sei eine großartige Vaterfigur. Ich würde noch eine Generation zurückgehen, Eddie hatte für mich eher schon etwas Großväterliches. Das lag vielleicht an dem Synchronsprecher, dessen Stimme mich mal an Mario Adorf, mal an Willy Brandt erinnerte. Auch bei der äußeren Erscheinung des erst 48-jährigen Brolin wurde etwas nachgeholfen. Seine deutsche Stimme ist übrigens 20 Jahre älter. Auch der reale Eddie Mannix war ein Filmproduzent und Studiomanager und lebte von 1891 bis 1963. Für den Film änderten die Coen-Brüder dessen Charakter stark ab. Das kann im Umkehrschluß nur bedeuten, daß der wahre Mannix nicht unbedingt ein angenehmer Zeitgenosse war. In der öffentlichen Wahrnehmung, ganz besonders bei den Damen, ist natürlich George Clooney in der Rolle des Baird Whitlock der Superstar dieses Werkes. Eine Hauptrolle spielt er jedoch nur im FilmFilm, und zwar den Schwert- und Sandalenträger in dem biblischen Epos. Die Figur, die alles zusammenhält, ist aber ganz klar Eddie Mannix. Dabei hat der Zuschauer tausendfach seinen Spaß, Eddie wohl eher weniger. Wäre es doch blosso einfach, „bloß so“ korrekt zu betonen, wie aus einer Spaghetti ein Lasso zu knoten! Der Darsteller des Westernhelden Hobie Doyle (Alden Ehrenreich) kann seine Rolle auch im Alltag nicht ablegen. Dabei sind seine Stärken eindeutig waghalsige Stunts mit Pferden und der Umgang mit dem Lasso. Sich kultiviert auszudrücken, fällt ihm dagegen schwer, erst recht vor laufender Kamera. In einen Anzug gezwängt, scheitert er in seiner neuen Rolle in dem neuen Gesellschaftsdrama, was auch immer das sein mag, bei den Wörtchen „bloß so“ und spricht diese wie Lasso, also „blosso“ aus. Mich würde einmal interessieren, wie sich das in der englischen Originalfassung anhört. Wo er geht und steht, knotet er alles, was er in die Finger bekommt, zu einem Lasso. Nicht einmal die Spaghetti auf dem Teller sind vor seinen Fingern sicher, und das bei einem Abendessen in weiblicher Begleitung. Diese Wirrung mit der Nudel ist nur eine von unzähligen Szenen, für deren Beschreibung trotz vieler Dialoge Zeit blieb. Während sich die Hörfilmbeschreiber wegen der Bilderflut oft beinahe überschlagen mußten, konnte ich mich in meinem Kinosessel genußvoll zurücklehnen und dank der App Greta entspannt der Audiodeskription lauschen. Besonders toll beschrieben war die Choreographie der Wassernixen bei dem Aqua-Spektakel. Bei dem leicht obszönen Stepptanz der Matrosen in dem Musical kam ich doppelt auf meine Kosten. Steppen ist wie Percussion mit den Füßen und was die Mannsbilder dabei so anstellten, wurde mir genauestens zugeflüstert. Aber wenn es den Autoren auch noch so in den Fingern juckt, wenn gesprochen wird, hat die Audiodeskription eben Pause. Ganz besonders gejuckt haben muß es bei dem Gag, als ein ans Kreuz genagelter Statist während der glühenden Abschlußrede des Schwert- und Sandalenträgers gelangweilt gähnte und sich am Bein kratzte. Ihn hat es wohl auch gejuckt. Noch vieles, vieles mehr ließen sich die Coen-Brüder einfallen, um das von ihnen verehrte altehrwürdige Hollywood in all seinen Facetten noch einmal aufleben zu lassen. Für mich hat Hollywood noch eine ganz andere Bedeutung, es ist nämlich der Namensgeber für mein Lieblingsgartenmöbel. Anfang der 50er Jahre kam durch verschiedene Filme aus der Traumfabrik der Durchbruch für die Hollywoodschaukel in Europa. Sie wurde schnell zum Symbol sich modern und mondän gebender Freizeitgestaltung zur Zeit des Wirtschaftswunders. Eddie kann vor Streß nicht einmal einen Gedanken daran verschwenden, sich von einer Verandaschaukel sanft hin und her wiegen zu lassen. Aber zu guter Letzt sind im Film alle Filme im Kasten und die durchgeknallte Cutterin kann Hand anlegen. Sogar für die Außenaufnahmen findet sich trotz Dauerregens eine Lösung. Alle seine Schützlinge sind zufrieden und auch der Richtegroßpapa kommt mit sich ins Reine. Das muß er auch, weil bald heißt es wieder: „Klappe, die erste! And action…!“

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The Danish Girl

Ein Gelehrter spazierte einst in seinem Alltagsgewand über den Marktplatz und wurde zu seiner Verwunderung von keinem gegrüßt. Als er daraufhin die Probe aufs Exempel statuierte und denselben Weg noch einmal im Festgewand zurücklegte, zog auf einmal jeder vor ihm den Hut. Wütend machte er sich auf den Heimweg, zog sich aus, trampelte auf seinen Kleidern herum und beschimpfte diese mit den Worten: „Bist du dann der Doktor, oder bin ich er?“ Diese Episode wurde schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts niedergeschrieben und so das bis heute bekannte Sprichwort „Kleider machen Leute“ dargestellt. Ungefähr drei Jahrhunderte später ist genau diese alte Redensart der Titel der 1874 erstmals veröffentlichten Novelle des Schweizer Dichters Gottfried Keller. Was den Gelehrten einst in Rage versetzte, macht sich die Hauptfigur in Kellers „Kleider machen Leute“, der Schneidergeselle Wenzel Strapinski, zunutze. Aus Sehnsucht nach einem würdigen Dasein hüllt er sich in einen noblen Radmantel, eine Art Cape, und bedeckt sein Haupt mit einer Pelzmütze. Mit dieser Verkleidung gelingt ihm ein bemerkenswerter und beachtlicher sozialer Aufstieg in gutbürgerliche Verhältnisse. Auch bei „The Danish Girl“ wird sich natürlich gekleidet und vor allem verkleidet. In seinem ersten Leben heißt das dänische Mädchen Einar Wegener, ist von Beruf Landschaftsmaler und mit der amerikanischen Malerin Gerda verheiratet. Die jungen Leute genießen glücklich verliebt und ziemlich unbeschwert das Leben im aufregenden und lockeren Künstlermilieu Kopenhagens der frühen 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Weit und breit ist nichts und niemand in Sicht, was sich zwischen die beiden drängen könnte. Wäre da nicht ein wunderschönes Ballkleid neben Gerdas Staffelei, das das Zeug hat, ein Aschenputtel in eine Prinzessin zu verzaubern. Sehr verallgemeinert ist Kleidung und Bekleidung die Gesamtheit aller Materialien, die als künstliche Hülle den Körper des Menschen mehr oder weniger eng anliegend umgibt. Diese sehr nüchterne Definition wird der Macht, Magie und Wirkung, die ein Kleidungsstück entfalten kann, allerdings nicht ansatzweise gerecht. Eines Tages bittet Gerda ihren Mann, für sie in dem besagten Kleid zu posieren, da ihr Modell verhindert ist. Die Magie des Kleides vermag es nicht, Einar in eine Ballprinzessin zu verzaubern. Sie ist aber letztlich der Auslöser eines schleichenden und langwierigen Wandlungsprozesses zur Lili Elbe, der zweiten Identität des Danish Girl. Seine schauspielerische Wandlungsfähigkeit bewies der Oscargewinner Eddie Redmayne schon vor einem Jahr als Darsteller Stephen Hawkings und dessen Bemühungen, allen körperlichen Widrigkeiten zum Trotz die Unendlichkeit der Welt zu entdecken. Hier entdeckt er als Einar allmählich seine wahre geschlechtliche Identität als Frau, die schon seit seinem Knabenalter in ihm schlummert. Er verkleidet sich und versucht sich in der Öffentlichkeit als Lili, anfangs sehr unsicher auch schon wegen der ungewohnten Beschuhung. Diese Momente sind mit Abstand die komischsten des Filmes. Was spielerisch beginnt, hat aber vor allem seine Schattenseiten. Je mehr Lili die Oberhand über Einar gewinnt, umso schwieriger gestaltet sich das Leben und vor allem das Liebesleben des Paares. Genauso wie Eddie Redmayne in seiner Doppelrolle, brilliert auch Alicia Vikander als Gerda bei dem verzweifelten Kampf um ihren über alles geliebten Mann. Gewinnerin bei diesem Kampf ist übrigens die Liebe! Zuerst ist da das Paar Gerda und Einar, dann gibt es das Trio mit Gerda, Einar und Lili, bis zuletzt Gerda und Lili bleiben. Eine große Symbolik für diese Beziehung hat bis zur letzten Minute ein Schal in den dänischen Landesfarben rot-weiß. Im Hintergrund immer dabei war die Stimme des Sprechers der Hörfilmbeschreibung in meinem Ohr. Mit ruhiger und angenehmer Stimme begleitete er sehr diskret und sensibel das Duo wie das Trio durch all ihre schönen wie schwierigen und nervenaufreibenden Lebensphasen. Alles in allem ein gelungener Balanceakt zwischen detaillierter Beschreibung und genügend Zeit für mich, mir auch einmal im Stillen eigene Bilder machen zu können. Lili Elbe erfüllt sich sowohl im Film als auch im wirklichen Leben den Wunsch, als Frau zu leben und anerkannt zu werden, und geht dafür ein hohes gesundheitliches Risiko ein. Kaum zu glauben, daß sich beide für die dafür notwendige Behandlung Anfang 1930 in Fachkliniken nach Berlin und Dresden begeben. An der wahren Lili wurden dort die Operationen zur Geschlechtsumwandlung weltweit zum ersten Mal durchgeführt. Wer hätte solch eine Revolution auf medizinischem Gebiet im sich zu dieser Zeit schon braun färbenden Deutschland für möglich gehalten? Der Regisseur und Produzent Tom Hooper nahm an der gleichnamigen Biographie von David Ebershoff einige chirurgische Eingriffe vor. Ich kann mich nicht einmal entscheiden, ob zum Vor- oder Nachteil. Auf jeden Fall hat er meine Neugierde geweckt, mich mit der realen Lili einmal näher zu beschäftigen. Heute gibt es in unseren Breitengraden glücklicherweise so gut wie keine konventionellen Maßregeln, womit man seinen Körper wie zu welchem Anlaß zu umhüllen hat. Das war 1963 noch etwas anders, als Rita Pavone und später Nina Hagen schmetterte: Wenn ich ein Junge wär, das wäre wunderschön, dann könnte ich jeden Tag in langen Hosen gehen. Und käm ich abends spät nach Haus, machte mir kein Schwanz ein Drama daraus. Ich bin zwar nicht mehr so ganz taufrisch, halte es aber lieber mit Lucie van Org, die Anfang der 90er Jahre ins Mikrophon kokettierte: Ich bin so froh, daß ich ein Mädchen bin!

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Steve Jobs

Nur noch fünf Minuten Zeit, bis es heißt „Vorhang auf“ und Steve Jobs sich mit der neuen Errungenschaft von Apple, dem Macintosh, von dem ungeduldig wartenden Publikum feiern läßt. Wir schreiben das Jahr 1984. Steve zerrinnt die Zeit zwischen den Fingern, um das Objekt der Neugierde exakt nach seinen Vorstellungen zu präsentieren. Der Apple-Mitbegründer vermag zwar viel zu bewirken, aber die Zeit anhalten kann auch er nicht. Die Zeit macht nämlich „nur vor dem Teufel halt, denn er wird niemals alt, die Hölle wird nicht kalt und heute ist schon beinah‘ morgen.“ Das gab der Sänger Barry Ryan 1971 in der ZDF-Hitparade zu bedenken. Ganz anders erging es Madonna vor ungefähr 10 Jahren in ihrem Hit „Time goes by so slowly“. Sie zählt die quälend langsam verstreichenden Minuten bis zum ersehnten Telefonklingeln. Dieses rein subjektiv empfundene relativ schnelle oder langsame Vergehen der Zeit hat natürlich nichts mit der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein zu tun. Fast auf den Tag genau vor 100 Jahren trug Einstein seine Theorie am 25. November 1915 bei der Preußischen Akademie der Wissenschaften vor. Auch Einstein stellte fest, daß die Zeit nicht gleichmäßig voranschreitet. Diese Variable läßt sich allerdings objektiv exakt berechnen. In einem anderen Sonnensystem, das sich relativ zu uns schneller bewegt, würde eine 5-Minuten-Terrine sechs Minuten brauchen, jedenfalls von hier aus betrachtet. Dafür wäre aber der Becher geschrumpft. Es soll Ableitungen seiner Theorie geben, nach denen man die Zeit so krümmen kann, daß die Zeit wieder in sich selbst zurückläuft, so eine Art Zeitschleife, habe ich gelesen. Und absolut nichts verstanden. Anzubieten hätte ich noch die Beschreibung der gekrümmten Raumzeit… Steve Jobs jedenfalls möchte um jeden Preis und auf den letzten Drücker erreichen, daß der Macintosh auf der Bühne seine Bestauner mit einem gesprochenen „Hello“ begrüßt. Was für die Sängerin Adele in ihrem aktuellen Hit „Hello“ ein Leichtes ist, will dem Mac einfach nicht über seine designte Benutzeroberfläche kommen. Um ihn zum Sprechen zu bringen, müßte er mit Spezialwerkzeug behandelt werden, welches dummerweise gerade außer Reichweite ist. Es war Steves erklärtes Ziel, den Usern das Herumschrauben an Apple-Produkten unmöglich zu machen, und das gilt bis heute. Damit hat er sich gegen seinen Mitstreiter der ersten Stunde, Steve Wozniak, durchgesetzt. Dieser fünfminütige Wettlauf mit der Zeit dauert im Film sehr kurzweilige 40 Minuten, die sich, von einigen Rückblenden abgesehen, in der Kulisse hinter der Bühne abspielen. Jobs befindet sich in einem Dauerredefluß und die anderen Protagonisten umkreisen ihn dabei wie Motten das Licht. Der Schauspieler Michael Fassbender, der mit dem Apple-Manager zu verschmelzen scheint, hat ohne Zweifel den Löwenanteil des Textes zu bewältigen. Weil 40 Filmminuten zu kurz sind, gibt es noch für zwei weitere Produkte zwei weitere Vorhänge. Vier Jahre nach dem Macintosh bringt Steve den NeXT auf die Bühne. Als Dritter im Bunde feiert zehn Jahre danach, 1998, der iMac seine Geburtsstunde und Steve, der dem knallgrünen Apfel zwischendurch den Rücken zugekehrt hatte, zugleich seine Rückkehr in den Konzern. Auch vor diesen beiden glamourös inszenierten Auftritten von Mensch und Produkt spielt sich der Minuten-Countdown wieder weitgehend hinter der Bühne ab und dauert jeweils 40 Filmminuten. Macht zusammen gute zwei Stunden. Für abwechslungsreiche Dialoge sorgen neben dem leicht durchgeknallten Jobs unter vielen anderen seine Ex-Freundin Chrisann, die Heulsuse, mit der gemeinsamen klugen Tochter Lisa. Aber was wäre Steve ohne seine rechte und, wie ich finde, auch linke Hand Joanna Hoffman. Kate Winslet ist immer scharfzüngig zur richtigen Zeit zur Stelle, um den Herrn auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Das Bild, das die Filmfigur bei mir hinterläßt, ist sehr zwiespältig. Dem Drehbuch lag eine autorisierte Biographie zugrunde und vieles im Film stimmt mit Wikipedia überein. So hat er Steve Wozniak, mit dem er 1976 die Firma Apple als Garagenfirma gründete, mehrmals gegen die Wand laufen lassen. Garagen und Teller haben eine erstaunliche Gemeinsamkeit: Beide können Millionäre hervorbringen. Steve Jobs‘ Vermögen wurde nach seinem frühen Tod 2011 auf 8 Milliarden Dollar geschätzt. Bemerkenswert fand ich eine Szene bei der Präsentation des iMac, als sich der große Steve Jobs kurz vor seinem grandiosen Auftritt die Füße in der Toilette wäscht. Was will uns das sagen, oder soll uns das überhaupt etwas sagen? Vielleicht zeigt sich hier schon die Idee von der Multifunktionalität der Dinge. Ohne Steve, die App Greta und selbstverständlich die Hörfilmbeschreibung wäre mir nicht nur dieses außergewöhnliche Detail verborgen geblieben. Die sympathische Sprecherin hat in den nicht relativ, sondern absolut kurzen Dialogpausen sofort das Wort ergriffen und knapp aber präzise souffliert. Am Ende des letzten Aktes zum Beispiel beschreibt sie, daß die inzwischen 19-jährige Tochter Lisa einen Walkman an ihrem Gürtel trägt. Dieses häßliche Teil läßt ihren Vater vor Ekel erschaudern. Das Vater-/ Tochterverhältnis ist nicht ganz unvorbelastet. Um ihren Vater zu ärgern, vergleicht sie dessen ganzen Stolz, den iMac, mit einem bunten Kinderbackofen. Damit liegt sie gar nicht so daneben! Aber kurz bevor der letzte Vorhang fällt, verspricht Steve seiner Tochter versöhnlich, ihr eine Unmenge Musik in die Jackentasche zu zaubern. Dieses Versprechen löst er drei Jahre später mit dem iPod ein. Mich hat er, natürlich ohne daß er das explizit wollte oder wußte, mit dem iPhone einige Jahre später beglückt. Steve Jobs war bekennender Beatles- und Bob Dylan-Fan und einige Jahre mit der Folksängerin Joan Baez liiert. Dem gebührend fällt der letzte Vorhang zu Ehren einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der Computerindustrie zu den Klängen eines Dylan-Songs. Im Vorprogramm lief übrigens ein Trailer von Aktion Mensch, auf den ich unbedingt per Link aufmerksam machen möchte: https://www.youtube.com/watch?v=gZFHK3OwzFM Eine Art der Begegnung, wie sie Schule machen sollte, und die Reaktion des Publikums ist dafür der beste Beweis!

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Auf einem roten Ecksofa sitzt die Blindgängerin mit einer goldenen Pappkrone auf dem Kopf. Sie trägt ein goldenes Trägershirt und einen blauen Minirock. In der Hand einen Filzstift, schaut sie in einen Schreibtischkalender, auf dem schon alle Tage schwarz angekreuzt sind. Neben ihr liegt ein großer Wandkalender. Auf dem Tisch vor ihr eine Rechenmaschine und ein goldener Pokal mit der Zahl 1.

Dating Queen

Was ist eigentlich Monogamie, außer unrealistisch? Der Begriff Monogamie kommt aus dem Altgriechischen, monos heißt „alleine, einzig“ und gamos „Ehe“. Er bezeichnet eine lebenslange exklusive Fortpflanzungsgemeinschaft zwischen zwei Individuen einer Art, wie bei den Höckerschwänen und manchmal beim Menschen. Wenn Monogamie unrealistisch sein soll, ist dann Polygamie realistisch? Die Übersetzung für poly ist „viel“ und die für gamos wie gehabt „Ehe“. Polygamie bedeutet Vielehe und die Duldung von gleichzeitigen eheähnlichen Beziehungen. Eine der Varianten ist die Polygynie, auf Deutsch die Vielweiberei. Die sich seit knapp zwei Wochen durch die Kinos datende Queen Amy hat sich mit Haut und Haar der Polyandrie, der Vielmännerei, verschrieben. Dieses Wort gefällt mir und wird in sehr schnellen und witzigen 130 Filmminuten mit viel männlicher Präsenz zum Leben erweckt. Der Grund für Amys Vielmännerei könnte 23 Jahre zurückliegen, als der Vater ihr und der jüngeren Schwester Kim den Scheidungsgrund der Eltern so unkonventionell wie amüsant zu erklären versuchte. Mit der Puppe der jüngeren Kim in der Hand stellt er die Frage, ob sich die beiden vorstellen könnten, lebenslänglich immer nur mit dieser einen Puppe spielen zu müssen. Vielleicht möchte diese Puppe phasenweise auch gar nicht mehr so unbedingt angefaßt werden. Und was, wenn sich viel attraktivere Puppen dazugesellen? Er verspinnt sich in einem Netz von plötzlich auftauchenden und wieder verschwindenden Puppen, verpuppt sich, bis er sich wieder entpuppt und zwar zu einem Puppenspieler, er will ja nur spielen. Zu guter Letzt gibt er die Parole aus „Monogamie ist unrealistisch“, die er die ungefähr fünf- und siebenjährigen Mädchen gleich zweimal hintereinander im Chor nachplappern läßt. Was den Mädchen damals wie böhmische Dörfer vorgekommen sein muß, haben die inzwischen jungen Frauen natürlich längst verstanden. Amy tritt ganz anders als ihre jüngere Schwester Kim begeistert in die väterlichen Fußstapfen und traktiert das männliche Geschlecht. Die in den 70ern besungene Dancing Queen hat sich ihren Titel ertanzt. Die vor drei Jahren für ein Fernsehformat irgendeines Privatsenders erfundene Shopping Queen wird für ihre Einkaufsqualitäten zur Königin gekürt. Die Dating Queen darf wegen ihrer zahllosen Rendezvous ihr Haupt mit einer Krone schmücken. Ich tauge weder zur Dancing, Shopping noch Dating Queen, aber im Verschusseln bin ich umso besser. Trotz Ankündigung habe ich es nämlich verschusselt, die App von Greta zu updaten mit der Folge, daß anstatt der Hörfilmbeschreibung in meinem rechten Ohr gähnende Stille herrschte. Beim ersten One-Night-Stand übernimmt Amy personifiziert die Bildbeschreibung. Amy heißt im wirklichen Leben Amy Schumer und wurde als amerikanische Stand-Up-Comedienne mit ihrer Comedyserie „Inside Amy Schumer“ bekannt. Sie schrieb das biographisch angehauchte Drehbuch für den Film und die besagte Szene stammt aus ihrem Fundus eigener Erfahrungen mit dem männlichen Geschlecht. Sie ist völlig außer sich über die Dimension des Gemächts ihres Spielgefährten, da ist kein Ende in Sicht! Zu sehen ist der Bursche nur von hinten, so daß wir Amys Beschreibung glauben müssen. Anfangs dachte ich, daß bei dem geschlechtsübergreifenden Gequassel ohne Punkt und Komma kaum Platz für eine Hörfilmbeschreibung bleibt. Schließlich häuften sich die amüsierten Lacher im Kinosaal, bei denen ich nicht mithalten konnte, kein gutes Zeichen! Also habe ich mich ein zweites Mal mit der Queen, diesmal begleitet von Greta, verabredet und plötzlich sah die Sache ganz anders aus. Ich konnte mir ein Bild von Amys Outfit machen, wie sie durch New York stöckelt, sich dem Alkohol und Shitrauchen hingibt und ihre Dates verwaltet. Auch auf das ein oder andere sehr nett beschriebene Detail bei ihren nächtlichen Abenteuern hätte ich nicht verzichten wollen. Auch beruflich hat sie es mit der Männerwelt zu tun. Sie schreibt erfolgreich Artikel für den Verlag eines Männermagazins, bei dem eine herrische Chefin die Aufträge je nach Sympathie unter den weiblichen und männlichen Schreiberlingen aufteilt. Ausgerechnet die verklemmte Nikki soll in Erfahrung bringen, wie sich der Verzehr von Knoblauch auf den Geschmack von Sperma auswirkt. Amy hat mehr Glück, sie darf den erfolgreichen Sportchirurgen Aaron (Billy Hader) interviewen. Zwischendurch schießt sie noch das Muskelpaket Oliver ab, der sich zu ihrem Entsetzen nach einer Frau fürs Leben mit einem Haus auf dem Land, gefüllt mit Kindern, sehnt. Beim Interview kommt es natürlich, wie es kommen muß, sie bestimmt zwar das Tempo, bricht allerdings gleich in der ersten Nacht mit ihrem Gelübde, nämlich niemals für die ganze Nacht zu bleiben. Die Liebe nimmt ihren Lauf und alle Versuche, sich den Sportchirurgen schlecht zu reden, scheitern kläglich. Ein Wermutstropfen in Amys Leben ist ihr an MS erkrankter Vater, den sie mit ihrer Schwester in einem Pflegeheim unterbringen muß. Jeder weiß, wie traurig Besuche in solchen Einrichtungen sind. Und wieder kommt es, wie es kommen muß! Die junge Liebe zerbricht. Nach einer kurzen Trotzphase, in der sie ein unglaublich komisches sexuelles Intermezzo mit dem 16-jährigen Praktikanten des Verlages hat, trifft Amy knallhart die Erkenntnis, daß Monogamie vielleicht doch gar nicht so unrealistisch ist. Sehr schön hörfilmbeschrieben ist das große Finale. Amy bricht sich einen Zacken aus ihrer Krone und versucht, zwischen den ihr eigentlich so verhaßten Cheerleader-Mädels mit einer Art Versöhnungsveitstanz alles wieder ins Lot zu bringen. Vielleicht klappt‘s ja dann auch mit dem Sportchirurgen! Mich juckt‘s in den Fingern, unzählige Szenen zu beschreiben, die ich erst mit dem Mann in meinem Ohr genießen konnte. Zusammenfassend kann ich jetzt mit Gewißheit sagen, daß Hörfilmbeschreibungen sogar bei vor Dialogen nur so strotzenden Filmen wie diesem für mich alternativlos sind!

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Minions

Ein Abend in Berlin und immer noch über 30 Grad, was liegt da näher, als ins Kino zu gehen. Mir gleich taten es erstaunlich viele Leute mit sehr leicht und flipfloppig beschuhten Füßen, um sich mit den kleinen gelben Dingern, genannt Minions, einen lustigen Kinoabend zu machen, der sich übrigens als ein extrem lustiger entpuppte! Ihre ersten Auftritte, allerdings nur mit einer Gastrolle, hatten die Minions in den Filmen „Ich – Einfach unverbesserlich“ 1 und 2 in den Jahren 2010 und 2013. In dem aktuell laufenden US-amerikanischen 3D-Animationsfilm spielen die Gelben die Hauptrolle und lassen die menschlichen Figuren, die dieses Mal den Part der Gastrolle übernehmen, ziemlich blaß aussehen. Am Anfang ist die Ursoße, in der erst wenige und dann immer mehr gelbe Einzeller wabern, bis sie als etwa 50 cm große Wesen durch die Weltgeschichte blödeln. So wie mir diese Wesen mit der Hörfilmbeschreibung in meinem Ohr erklärt wurden, mußte ich sofort an die allseits bekannten Überraschungseier aus Plastik einer ganz bestimmten Schokoladensorte denken. Neben dem Herumblödeln ist der eigentliche Lebensinhalt der Minions, sich dem Bösen, am besten der bösesten Kreatur der Welt, zu unterwerfen und ihm zu dienen. Zuerst schließen sie sich dem Saurier T-Rex an, der recht schnell tödlich verunglückt. Das gleiche Schicksal ereilt Dschingis Khan, Dracula, einen Steinzeitführer und einen Ritter. Tragischerweise finden all diese Bösewichte durch die komischsten Mißgeschicke ihrer Lakaien, der Minions personifiziert, den Tod. Nachdem sie sich ihres Meisters Napoleon sehr einfallsreich, aber natürlich mal wieder ungewollt, entledigt und sich so schon verdächtig nahe in die Jetztzeit vorgearbeitet haben, verfallen sie frustriert in eine tiefe Depression. Sie kehren der Welt den Rücken und ziehen sich in eine eisige Höhle in der Antarktis zurück. Dort verharren sie mehr oder weniger erstarrt ungefähr 150 führerlose Jahre, wobei es an scheußlichen Kreaturen bestimmt nicht gemangelt hätte, mir fallen auf Anhieb mehr als genug ein. Im Jahre 1968 heckt der Schlaumeier Kevin einen Plan aus, um sich in der weiten Welt nach einem neuen Scheusal umzuschauen. Begleitet wird er von dem rebellischen Teenage-Minion Stuart und dem kindlichen Bob mit seinem Teddy. Die drei Überraschungseier schlagen nach einer strapaziösen Reise 1968 zunächst im damals von der Flower Power, Love & Peace-Bewegung beherrschten New York auf. Von dort trampen die drei abenteuerlich nach Orlando, wo sie hoffen, auf einer Schurkenmesse fündig zu werden. Das klappt auch und sie fliegen im Privatjet der Oberschurkin Scarlet Overkill nach England. Die neue Herrin möchte ihr Haupt mit der Krone der Queen schmücken und die Gelblinge sollen mal eben das Objekt ihrer Begierde aus dem bestbewachten Platz Englands, dem Tower of London, entwenden. Viel wichtiger als die Handlung ist es, den Minions zuzuschauen, wie sie von einer Katastrophe in die andere schlittern und immer wieder, meist in letzter Minute, ihren nicht vorhandenen Hals aus der Schlinge ziehen. Das alles geschieht in der Kulisse der wilden späten 60er-Jahre, angefangen bei der Kleidung bis hin zu allen möglichen zeittypischen Utensilien. Eine ganz wichtige Rolle spielt auch die Musik dieser Zeit, die Stones, die Kinks, die Beatles, The Who, Donovan und Bo Diddley. Als es dem Dreierteam trickreich gelingt, als Besucher in den Tower eingelassen zu werden, setzt es die Wachposten der Krone durch Hypnose außer Gefecht. Diese lassen bis auf die Unterhose die Hüllen fallen, schütteln ihr sehr langes buntes Haupthaar, und klatschen sich hüftenschwingend nach dem Titelsong des Musicals „Hair“ gegenseitig auf ihren Allerwertesten. Das war einfach großartig. Später müssen die drei über die Kanalisation flüchten und tauchen aus einem Gullydeckel an einem Zebrastreifen auf, über den gerade die wohl berühmtesten Pilzköpfe der Welt die Straße überqueren. Das sind nur zwei der unzähligen Szenen, die mit viel Liebe zum Detail und fantasievoll den damaligen Zeitgeist widerspiegeln. Inzwischen hat es die restliche Sippe der Minions geschafft, selbst in der Antarktis Ärger zu bekommen, sie sucht lieber das Weite. Auch deren Reise ist weit und beschwerlich. In Australien legen die Minions einen Teil der Strecke in den Beuteln der dort hopsenden Dinger, Kängurus genannt, fort. Schließlich verschlägt es auch sie nach England. Die Sprache der Minions wird übrigens nicht synchronisiert, sie ist ein Mischmasch aus den Sprachen aller Herren Länder. Erstaunlicherweise habe ich die liebenswerten Geschöpfe immer verstanden. Zum Abschluß noch ein „Chapeau!“ an die Hörfilmbeschreiber! Es gab wahnsinnig viel zu beschreiben und die kurzen Pausen, in denen die Gelblinge einmal nicht vor sich hingebrabbelt haben, wurden, wie ich fand, optimal genutzt.

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Das Versprechen eines Lebens

Ein türkischer Sonntagnachmittag mit Greta! Beschleunigt mit einem Taxi ging‘s am Sonntagnachmittag zum Berliner Zoopalast in den Film „Das Versprechen eines Lebens“. Während der Fahrt habe ich die Neugierde des türkischen Taxifahrers auf den Film geweckt und er hat sich für den Tipp ausdrücklich bedankt. Bei dem netten Servicepersonal des Zoopalastes bin ich inzwischen ganz gut bekannt und so ging alles wie immer freundlich und reibungslos seinen Gang. Die ersten Filmminuten spielen 1919 im australischen Nordwest-Victoria. Dort ist der Farmer Joshua Connor, begleitet von seinem Hund, mit der Wünschelrute auf der Suche nach einer Wasserader. Er wird natürlich fündig. Im Original heißt der Film „The Water Diviner“, der Wünschelrutengänger. Nach einer mehrere Monate dauernden Überfahrt von Down Under geht Joshua im Hafen von Istanbul an Land. Kaum angekommen, stibitzt dem Neuankömmling ein kleiner Junge die Tasche und die Verfolgungsjagd führt den Australier in das von der Familie des kleinen Diebes geführte Hotel. Gar nicht so schlecht, die Geschäftsidee! Der traurige Anlaß der langen Reise Joshuas liegt vier Jahre zurück. Seine drei Söhne kämpften wie viele Australier während des Ersten Weltkrieges an der Seite der Briten gegen das Osmanische Reich. 1915, gegen Ende der berühmt-berüchtigten Schlacht von Gallipoli, einer türkischen Halbinsel, rücken türkische Truppen so massiv gegen die australischen Streitkräfte vor, daß diese den Rückzug über das Meer antreten. Unter den australischen Soldaten waren auch alle drei Söhne der Connors und gelten seitdem als verschollen. Sie wurden wahrscheinlich mit zigtausend türkischen und australischen gefallenen Soldaten in Massengräbern auf der Halbinsel verscharrt. Kurz vor seiner Überfahrt in die Türkei mußte Joshua in Nordwest-Victoria seine Frau zu Grabe tragen, die sich aus Kummer über den Verlust aller drei Söhne das Leben nahm. Das Einzige, was er glaubt, für seine Frau noch tun zu können und zu müssen, ist die Jungs in der Türkei aufzuspüren und an der Seite ihrer Mutter in heimatlicher Erde beizusetzen. Also macht er sich mit seiner Wünschelrute trotz bürokratischer Hürden von Istanbul aus auf den Weg nach Gallippoli. Dabei hilft ihm Ayshe (Olga Kurylenko), die wunderschöne verwitwete Tochter des Hotelbesitzers. Auf Gallipoli haben die noch vor einem Jahr erbittert verfeindeten Türken und Briten gemeinsam begonnen, die Massengräber auszuheben, die Toten nach Nationalität zu sortieren, und jedem seine letzte Ruhestätte zu geben. Dies ist der Beginn der traurigen Kultur der Soldatenfriedhöfe und der Kriegsgräberpflege. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde alles und jeder inklusive Pferd und Waffen wahllos in Massengräbern verscharrt. Die Türken wie insbesondere auch die Briten sind von Joshuas Auftauchen wenig begeistert und empfinden ihn als Störfaktor. Aber schon nach kurzer Zeit entsteht zwischen ihm und dem türkischen Major Hasan, der auch bei der Schlacht von Gallipoli mitgekämpft hatte, eine enge Männerfreundschaft. Die beiden bestehen gemeinsam das eine oder andere Abenteuer, einmal rettet Joshua dem Major sogar das Leben. Sie flüchten im Schweinsgalopp auf den Pferden griechischer Soldaten, die zuvor im Grenzgebiet türkische Dörfer überfielen, abfackelten und die Bevölkerung massakrierten. Kaum ist der eine Krieg beendet, geht’s an der nächsten Front weiter. In den Satteltaschen finden sie als Proviant Brot und ein hochprozentiges Getränk. Das Brot wird ignoriert und das Getränk Ouzo, auch wenn es kein Raki ist, dankend verzehrt. Ob Ouzo oder Raki, spielt keine Rolle, es gibt keinen Unterschied, sagt Hasan. Wenigstens in dieser Hinsicht eine Annäherung! Es wird noch viel gestorben, gelitten und gemetzelt, aber wo Schatten ist, ist auch Licht, mehr sage ich nicht. Das Ende ist zwar vorhersehbar, der Film aber trotzdem für einige Überraschungen gut. Zum Schluß versuche ich, ein bißchen intensiver als sonst auf die Hörfilmbeschreibung in meinem Ohr einzugehen. Die Protagonisten wurden sehr genau beschrieben. Bei Filmen in der Jetztzeit ist mir die genaue Beschreibung der Kleidung nicht so wichtig. Das gilt z.B. für die Farbe der männlichen Cordhose, des Hemdes und der Jacke, auch bei den Frauen ist das meistens für mich verzichtbar, vorausgesetzt, es dient nicht dem Verständnis der Handlung. Aber bei historischen Filmkulissen ist das natürlich etwas anderes. Jedenfalls weiß ich jetzt ziemlich genau, wie gut Joshua, gespielt von Russel Crowe, gebaut ist. Von der Stadt Istanbul und den Landschaften hatte ich immer recht schnell ein genaues Bild vor meinem geistigen Auge. Ob das den Bildern auf der Leinwand entspricht, kann ich natürlich nicht beurteilen, aber ich gehe mal davon aus! In diversen Rückblenden nimmt uns der Film mit in die Schützengräben. Das ist so schrecklich grausam und auch sehr detailliert beschrieben, so genau will jedenfalls ich das immer gar nicht wissen. Weil sehr viel türkisch gesprochen wurde, mußte die Hörfilmbeschreibung auch noch dolmetschen. Also alles in allem: Daumen hoch für die Hörfilmbeschreibung! Abgerundet wurde der türkische Sonntagnachmittag von wieder einem türkischen Taxifahrer auf dem Heimweg, den ich für den Film allerdings nicht begeistern konnte!

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Fifty Shades of Grey

Ohne vorherige Lektüre des Buches/ Hörbuches habe ich im Kino die 50 Schattierungen völlig unbedarft auf mich wirken lassen. Es ist mir auch gelungen, die zahllosen Kritiken anläßlich der Filmpremiere während der Berlinale zu ignorieren. Schon die Kinowerbung hat versucht, den Zuschauer auf ein erotisches Filmerlebnis einzustimmen. Gleich zweimal wurde dem weiblichen Geschlecht der regelmäßige Gebrauch eines gezielt pflegenden Produktes empfohlen. Eine Werbung, ich glaube für eine Automarke, wurde derart gehaucht, daß ich das für den Filmanfang hielt und Greta zu früh gestartet habe. Glücklicherweise gibt es die Synchronisierungsfunktion. Der Film ist soooo in aller Munde, daß sich das übliche einführende Vorgeplänkel weitgehend erübrigt! Der super erfolgreiche Jungunternehmer Christian heißt nicht nur Grey mit Nachnamen, sondern die Farbe grau bestimmt von ihm selbstbestimmt sein Leben. Er stylt sowohl seine Umgebung als auch sich selbst in grau. Sein Umfeld ist eine graue, langweilige, gefühlsarme Businesswelt und der Himmel ist auch noch grau. Eine willkommene Unterbrechung des Graus scheint die kurz vor dem Examen stehende Literaturstudentin Anastasia zu sein. Ana jobbt in einem Baumarkt und um sie wiederzusehen, begibt sich der Jungmilliardär personifiziert genau dorthin. Er verlangt nach Kabelbindern, Klebeband, einem Seil und das hat schon gereicht, besonders in Großbritannien einen Run auf diese Artikel auszulösen. Ich habe diese Dinger übrigens im Keller, Kabelbinder sind ungemein praktisch, aber nicht zum Fixieren irgendwelcher Körperteile, sondern z.B. zum Bändigen widerspenstiger Elektrokabel. In einer Talkshow hat eine Fachfrau aus dem Milieu zudem dringend vom bestimmungswidrigen Gebrauch des Kabelbinders abgeraten, weil, wenn ein Kabelbinder zu ist, isser zu! Eine hübsche Nebenrolle spielt ein himmelblauer VW-Käfer, das Auto von Anastasia. Beim Hören des vertrauten satten Blubbern des Boxermotors mußte ich unwillkürlich an die ersten Familienautos in den sechziger Jahren denken. Die abgelegten Käfer meiner Oma hatten allerdings die Farbe grau, ich meine natürlich grey! Amüsiert habe ich den beiden zugeschaut, wie sie sich näher kommen, umeinander schleichen und ausloten, wer die Oberhand hat oder bekommt. Da fliegen auch mal ganz nette verbale Spitzen durch den Raum. Als es Anastasia allmählich dämmert, wie der Graue tickt, will sie, wie Frauen nun einmal so sind, genau wissen, wie, seit wann und warum das so ist. Eine Freundin seiner Mutter habe ihn als Jüngling in diese Welt eingeführt und prompt kommt der etwas spöttische Hinweis auf Misses Robinson in dem Kultfilm „Die Reifeprüfung“. Ich kann diesen Film von 1967 gar nicht oft genug sehen, frage mich allerdings, ob die jungen Leute von heute den Bezug nachvollziehen können. Hart zur Sache geht es nur verbal. In einem mehrseitigen Vertrag soll festgeschrieben werden, welche sexuellen Praktiken seitens der Sklavin zu dulden sind und welche Verhaltensregeln unbedingt eingehalten werden müssen. Der Fachjargon war für mich das reinste Fachchinesisch, Anastasia ging es nicht anders! Aber jetzt mal Hand aufs Herz! Kann man das mögen, auf allen vieren im Spielzimmer des Herrn auszuharren, bis dieser sich für seinen Lustgewinn bequemt, mit einem Spielzeug seiner Wahl Schmerzen zuzufügen und zu demütigen? Nööööö, aber jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden, solange alle Beteiligten das freiwillig tun! Gesehen habe ich den Film im Zoopalast und wurde wieder zu meinem Sesselchen geführt. Der Kinosaal war im Erdgeschoß und ich dachte, den Rückzug alleine bewältigen zu können. Sicherheitshalber bat ich dann doch einen jungen Mann um Begleitschutz bis auf die Straße. Dieser machte auf mich einen leicht irritierten Eindruck, ob wegen des Films oder wegen mir, jedenfalls war er sehr erleichtert, als seine Mission beendet war. Über die Hörfilmbeschreibung kann ich wie immer zu kurz nur sagen, daß ich immer im Bild war. Ich werde auch nicht müde, immer wieder die Filmverleiher zu erwähnen, deren Engagement es zu verdanken ist, daß ich mal wieder zu einem im Ausland produzierten Film meinen Senf geben kann!!! Danke Concorde, Neue Visionen, Polyband Medien, 20th Century Fox, Universal Pictures Germany und wie immer auch Greta! Die Reihenfolge der Aufzählung ist wertfrei und einfach nur alphabetisch. Die Traumfrauen kommen am Sonntag oder Montag in den Blog!

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Auf einer Wiese am Seeufer, im Hintergrund kleine Bootsstege und Schilfgras. Auf einem Baumstumpf steht ein aufgeklappter Laptop, davor liegen Holzscheite. Die Blindgängerin im karierten Holzfällerhemd, Jeans und Gummistiefeln steht daneben und hält eine Axt. Auf dem Display des Laptops spiegelt sich der Schatten der Axt.

Blackhat

Hacker sind Computerfreaks, die über ein Netzwerk in Computersysteme eindringen, und das nicht immer in guter Absicht. Gefunden habe ich noch dazu: Ein Hacker ist jemand, der versucht, einen Weg zu finden, wie man mit einer Kaffeemaschine einen Toast zubereiten kann. Da ist aber wohl der Weg das Ziel oder das Ziel im Weg? Am Anfang war die Entertaste!!! Diese wird von einem Blackhat, einem Hacker mit kriminellen Energien, betätigt. Er hackt sich in das Computersystem eines chinesischen Atomkraftwerkes und in das der Chicagoer Börse ein. In dem Atomkraftwerk löst sein Cyberangriff eine Explosion mit mehreren Toten und an der Börse eine Explosion der Kurse für Soja aus. Eine wichtige Rolle spielt dabei die „RAT“, keine Ratte, sondern eine Fernwartungssoftware, Remote Access Tool genannt. Dem Blackhat ist es gelungen, gleichermaßen den Zorn Chinas und der USA auf sich zu ziehen. Ein gemeinsamer Feind verbindet und so kommt es, daß die sich eigentlich stets mißtrauisch beäugenden Staaten sich zusammentun, um den gesichtslosen Angreifer aufzuspüren. Zwei Chinesen, Bruder und Schwester, und ein Ami nehmen als die guten Hacker die Verfolgung auf, mit dem FBI im Schlepptau. Sie rasen, begleitet von Schießereien, Explosionen und Verfolgungsjagden, von den USA nach Hongkong, Jakarta und Malaysia. Wenn nicht geschossen oder verfolgt wird, fliegen in Windeseile die Finger über die Tastaturen der auf den Knien liegenden Laptops. Ich mag Actionthriller und bin voll auf meine Kosten gekommen. Erstaunlicherweise habe ich auch immer den Überblick darüber behalten, wie die Guten dem Bösen und dessen Absichten auf die Schliche kommen. Bei einigen James Bond-Filmen war mir das nicht vergönnt. Und wie klaut man nicht nur eine Million? Eine junge hübsche Frau in einem blütenweißen, die Figur betonendem Kleid, schlendert mit einem Kaffee to go in der Hand einen belebten Großstadtboulevard entlang. Anstatt den Kaffee zu trinken, schüttet sie diesen mit System über diverse DIN A4-Blätter, mein Kleid hätte nach dieser Aktion mit Sicherheit genau so ausgesehen wie die Papiere. Während der anschließenden Fahrt in einem Taxi hält sie die Blätter zum Trocknen aus dem Fenster. Mit den bekleckerten und getrockneten Papieren betritt sie das Foyer einer Bank. Sich ihrer Wirkung bewußt, wendet sie sich hilfesuchend an einen jungen Bankangestellten. Diesem erklärt sie ihr Mißgeschick und daß sie die Unterlagen jetzt gleich für eine Präsentation bei seinen Vorgesetzten brauche. Sie fragt, ob sie ihren USB-Stick zum erneuten Ausdrucken der Papiere an seinen Rechner anschließen dürfe? Ich konnte geradezu ihr Wimpergeklimper hören und es dauert tatsächlich auch nur einen Wimpernschlag, bis der Bankangestellte alle Verbote und Bedenken zur Seite wischt. Der Stick ist nun am Rechner der Bank und schwups kann sich ihr Partner von einer Wohnung in der Nähe mit Hilfe einer zuvor vom Kontoinhaber geklauten Festplatte auf dessen Konto frei bewegen. Und er bewegt nicht nur sich, sondern eben auch mehrere Millionen. Daß sich die Millionen in Richtung Schweiz bewegen, versteht sich von selbst. Ganz schön einfach, jedenfalls für Hacker! Ohne Hörfilmbeschreibung und Greta wäre das und vieles mehr an mir vorbeigerauscht. Beide haben einen super Job gemacht! Wer auch noch einen super Job gemacht hat, war das Servicepersonal vom Kino „Zoopalast“! Ich war mal wieder alleine unterwegs und an dem Abend war dort auch zeitgleich die Premiere des Films „Fifty Shades of Grey“. Der Zoopalast ist förmlich übergequollen von Berlinale-Besuchern. Trotzdem wurde ich an meinen Platz geleitet, mit einem Getränk versorgt, nach der Vorstellung abgeholt, und mir wurde sogar zu einem Taxi verholfen. Verdammt nett!!! „Fifty Shades of Grey“ steht nächste Woche auf meinem Programm, inzwischen hinke ich nur noch eine Woche hinterher!

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Die Blindgängerin auf dem Dach eines großen Gartenschuppens, neben einer verschneiten Wiese vor einem kleinen See. Sie steht vor einem dreibeinigen Stativ aus Holz. Darauf liegt eine sehr lange dunkle Pappröhre. Die Blindgängerin im roten Pullover schaut durch die Röhre wie durch ein Fernrohr in den Himmel.

Die Entdeckung der Unendlichkeit

Dann war da noch die Unendlichkeit zu entdecken! Der Film „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ erzählt über Stephen Hawking, seine wissenschaftliche Karriere, schleichend fortschreitende Krankheit und sein Familienleben und wie das eine das andere beeinflußt hat. Mein Verständnis und zugegebenermaßen auch mein Interesse für das Universum und seine schwarzen Löcher bewegt sich gegen Null und ich habe lange gezögert, mir den Film anzuschauen. Aber entgegen meinen Befürchtungen hielten sich die wissenschaftlichen Abhandlungen in Grenzen. Wahrscheinlich weil die Memoiren der Misses Jane Hawking als Grundlage für das Drehbuch dienten. Stephen erfährt als junger Mann, daß er an ALS erkrankt ist und ihm noch ungefähr zwei Jahre Zeit verbleiben. Als der Arzt ihm den Verlauf der heimtückischen Krankheit schildert, das Degenerieren wirklich aller Muskeln, verläßt er ziemlich gefaßt das Arztzimmer. Auch wenn irgendwann nichts mehr geht, aber sein Verstand bliebe von der Krankheit verschont. Für die einen ein Alptraum und für Stephen ein Rettungsanker, sein Lebenselixier! Seine Jugendliebe Jane weist er zurück, um ihr ein Leben an seiner Seite zu ersparen. Doch die schlägt alle Warnungen in den Wind und hört auf „die Sprache ihres Herzens“. Sie sagt JA zur großen Liebe ihres Lebens. Die beiden haben es nicht bis zum „bis das der Tod Euch scheide“ geschafft. Aber erst nach einer langjährigen Ehe mit drei gemeinsamen Kindern haben sie sich einvernehmlich getrennt. Als Jane ihrem Mann die zuletzt geborene Tochter in den Schoß legt, ist er inzwischen ohne Rollstuhl völlig bewegungsunfähig, kann kaum noch sprechen und auch bei der Nahrungsaufnahme kommt es zu Komplikationen. Hinter vorgehaltener Hand wird Stephens Vaterschaft angezweifelt und ich konnte mir ehrlich gesagt auch nicht so recht vorstellen, wie das geklappt haben soll. Je mehr es mit seinem Gesundheitszustand bergab ging, desto erfolgreicher war er mit seiner wissenschaftlichen Arbeit. Er hat nie das Zepter aus der Hand gegeben und immer bestimmt, wann er was mit wem wo arbeiten und wo er mit wem leben möchte. Er hat den Inklusionsgedanken gelebt, lange bevor dieser Begriff in aller Munde war. Später konnte er sich nur noch mit einem technisch hochkomplizierten, ausgeklügelten System der Welt mitteilen, aber auch in dieser Phase haben wir gerade ihm den größten Teil der humoristischen Einlagen des Films zu verdanken. Dank einer rasanten Rolle rückwärts sehen wir, wie sich der verkrampfte Körper Stephens löst, bis er wie zu Beginn des Films gesund mit Jane verträumt über eine Brücke in einem Park durch die Nacht tanzt. Das war eine schöne Idee, um den Zuschauer ein bißchen getröstet aus dem Kinosaal zu entlassen. Nötig war es allerdings nicht, weil Stephen Hawking dank seiner Begeisterung für das Universum, für die Physik, und dank seiner Familie bis heute ein erfülltes Leben führt. Ich höre ganz oft von den Menschen, die mir im Alltag z.B. über gefährliche Kreuzungen helfen, nicht gucken zu können wäre für sie das Schlimmste, dann lieber im Rollstuhl sitzen. Ich pflege dann immer zu antworten: Was nutzt es mir, wenn ich im Regal das Produkt meiner Wahl sehen, aber nicht erreichen kann, oder den Berg sehen, aber nicht erklimmen kann. Abgesehen davon sind solche Diskussionen müßig, weil man sich das ja nicht aussucht, und schon gar nicht aussuchen kann oder möchte. Im Vorbeigehen habe ich zufällig eine Meldung im Radio aufgeschnappt, daß der weltberühmte britische Schlagzeuger Phil Collins mit Selbstmordgedanken gespielt hat. Der Grund war, daß er bedingt durch Probleme mit der Halswirbelsäule die Sticks (Trommelstöcke) nicht mehr in den Händen halten konnte. Nur seiner Kinder wegen hat er den Plan nicht in die Tat umgesetzt. Wie unterschiedlich die Menschen mit ihrem Schicksal und Schicksalsschlägen umgehen!!! Marie Heurtin und Stephen Hawking sind Protagonisten, für deren Beschreibung an die Produzenten einer Audiodeskription höchste Anforderungen gestellt sind. Das ist in beiden Filmen sehr, sehr gut gelungen. Bei der “Unendlichkeit“ war allerdings die „Ringsrumbeschreibung“ für meinen Geschmack einen Tick zu ausführlich. Für den Film „Wir sind jung. Wir sind stark.“ habe ich mich an dem Wochenende zu alt und zu schwach gefühlt, und Frau Müller ist nächste Woche bestimmt auch noch nicht weg!

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