Vorsicht, ein Zug fährt ein! Der Zug ist schwarz und hält nach zwei kurzen Aufenthalten in Emden-Norderney und Leipzig pünktlich am 13. Oktober auf einen Schlag in ca. 100 Kinos. Erst mit dem Erwerb eines Tickets an der Kinokasse geht die Fahrt dann weiter, und zwar auf der Leinwand. Die Endstation heißt aber nicht Sehnsucht, sondern „Welcome to Norway!“ Und noch einmal Vorsicht, es wird auch geschossen! Mit dem Kinostart dieses besonderen Films fällt nämlich gleichzeitig der Startschuß der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH. Lange habe ich diesen Moment herbeigesehnt! Marie kann sich wie alle Kinoblindgänger ab sofort die akustische Bildbeschreibung zu „Welcome to Norway“ mit ihrem Smartphone und Kopfhörer über die App Greta und Starks in wirklich jedem Kinosaal ins Ohr flüstern lassen. Schon Anfang Juni weckte der Film bei seiner ersten Station in Deutschland beim Internationalen Filmfestival in Emden-Norderney meine Neugierde. Und dann ging es auch schon los! Die Autorin Inga Henkel schrieb für die Audiodeskription den Text, den wir dann gemeinsam überarbeitet haben. Das Ergebnis sprach die Sprecherin Nadja Schulz-Berlinghoff im Tonstudio der speaker-search GmbH mit ihrer schönen, ruhigen und klaren Stimme in die Dialogpausen ein. Die Regie während der Aufnahme führte Moira May und ich war natürlich auch dabei. Hier eine kurze Hörprobe: Das Fazit aller an diesem Prozeß Beteiligten über „Welcome . .“: Große Begeisterung! Zu meiner Begeisterung übernimmt der Verleih Neue Visionen die Hälfte der Produktionskosten für die Audiodeskription und Untertitel, letztere gibt es nämlich auch. Sehr spontan und unbürokratisch bekam die Kinoblindgänger gGmbH auch einen Zuschuß für die barrierefreie Ausstattung von „Welcome to Norway“ vom Deutschen Gewerkschaftsbund, ganz genau vom DGB-Bezirk Bremen – Niedersachsen – Sachsen-Anhalt. Diesen beiden unerwarteten Unterstützern und natürlich unseren Spendern und Spenderinnen gilt ein großes und herzliches Dankeschön! Und jetzt einige Details zum Film, einer Komödie trotz oder gerade wegen des ernsten und traurigen Hintergrunds! In dem sehr dünnbesiedelten und bergigen Teil Norwegens nahe der schwedischen Grenze hat der schwarze Zug schließlich sein Ziel erreicht und kommt in einem kleinen Bahnhof zum Stehen. Sofort strömen die Fahrgäste aus aller Herren Länder hinaus in die klirrende Kälte auf den Bahnsteig, den sie mit ihrem aufgeregten Stimmengewirr und viel Gepäck aus seinem Dornröschenschlaf wecken. Dort werden sie bereits von dem Hotelbesitzer Primus erwartet. Anfangs noch sehr entspannt und gut gelaunt, versucht er, die Ankömmlinge in den bereitgestellten Reisebus zu lotsen. Seine Laune trübt sich allerdings schlagartig, weil er drei Leute in seinem Privatwagen mitnehmen soll. Der Bus ist zu klein. Als Erster ergreift Abedi während der Fahrt das Wort. Der sympathische junge Mann kommt nicht nur im Film als Flüchtling aus dem Kongo. Er beherrscht als Einziger der großen Gruppe die norwegische Sprache und wird sich für Primus noch als unverzichtbare Hilfe erweisen. Zoran ist Anfang 40 und stammt aus Libyen. Übellaunig und skeptisch beobachtet er die Ankunft in der norwegischen Provinz und hat sich sofort auf Primus, den wie er meint, „Scheiß-Wickinger“, eingeschossen. Das riecht nach Ärger! Mona aus dem Libanon hält sich dagegen eher zurück, aber stille Wasser sind tief. Sie ist ungefähr im selben Alter wie die 18-jährige Oda, die Tochter von Primus, die ihren Vater bei der Abholaktion begleitet. Die drei in Primus Wagen, Abedi, Zoran und Mona, sind die zentralen Filmfiguren unter den insgesamt 50 Flüchtlingen, die sich nun in der Obhut des Hotelbesitzers befinden. Nach der Fahrt durch die einsame verschneite Landschaft dirigiert Primus die Menschen in sein Hotel und begrüßt sie mit den Worten: „Welcome to this beautiful refugee camp” Erst dann erkundigt er sich, wer überhaupt Englisch verstehen oder sprechen kann, es sind nur zwei. Mit der “schönen Flüchtlingsunterkunft” meint er sein heruntergekommenes Hotel, in dem gerade einmal die Hälfte der Zimmer auch nur provisorisch bewohnbar ist. Der norwegische Regisseur Rune Denstad Langlo hieß neben dem Darsteller des Abedi auch als Statisten durchweg ehemalige Flüchtlinge in seinem Film willkommen. Einige haben Sprechrollen und all diese Menschen gemeinsam machen aus dem Film etwas ganz Besonderes. Mit kleinen Gesten vermitteln sie die Einsamkeit fern der Heimat und die traurige Stimmung und Langeweile in einer Flüchtlingsunterkunft. Es wird aber auch gemeinsam angepackt, gekocht, gefeiert, Fußball geschaut oder Tischtennis gespielt und natürlich auch gestritten. Für sehr viel Situationskomik sorgen die Sozialarbeiterin Leni und vor allem Primus, der an wirklich allen Fronten zu kämpfen hat und herzerfrischend politisch unkorrekt durch sein Hotel tobt. Von der für jeden Moment passend ausgewählten wunderbaren und unverwechselbaren Filmmusik gibt es eine Hörprobe und mehr im Trailer unter dem Link: Also Marie, schnapp dir dein Smartphone und spring mit deinen Freunden in den Zug gen Norwegen! Und pack die Kopfhörer ein!