Blog Blindgaengerin

Inga Henkel

Robert Redford in blauem Jeanshemd und brauner Wildlederjacke. Die Haare zerzaust, der Ausdruck zwischen Lächeln und Grinsen. Mit der erhobenen rechten Hand formt er eine Pistole nach. Sie zielt direkt auf den Betrachter.

Ein Gauner und Gentleman

„Jetzt oder nie, her mit der Marie!“ Nix da, die hat zu tun und bleibt schön auf ihrem Filmstreifen sitzen! Aber nicht Kinoblindgängers Maskottchen mit diesem wunderschönen Namen ist das Objekt der Begierde, sondern das liebe Geld. Die einen sagen auch Kohle, Asche, Schotter oder Kies. Die Österreicher nennen es eben Marie. Österreichische Bankräuber übrigens auch, so z. B. in dem Song der Band „Erste Allgemeine Verunsicherung“ über einen Banküberfall. Beweis ist obiges Zitat aus dem Songtext von 1985. Mit gleich mehreren Banküberfällen hat es Marie, so nennt Kinoblindgänger die barrierefreie Filmfassung, gerade zu tun bei „Ein Gauner und Gentleman“! Seit dem 28. März macht Robert Redford als Forrest Tucker diverse Banken in den Vereinigten Staaten unsicher, auf über 100 Leinwänden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Überall dort kann dank der Marie, also mit der Audiodeskription und den erweiterten Untertiteln über die Greta und Starks App, die Verfolgung aufgenommen werden! Aber mit Banküberfällen hat sich die Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH die nötige Marie für die Produktion der Marie nicht ergaunert. Das könnten die auch gar nicht! Forrest Tucker beherrscht diese Disziplin dafür um so besser und den Bankräuber aus Leidenschaft hat es wirklich gegeben. Aus dessen langen Karriere hat sich der Regisseur David Lowery für das Drehbuch nur ein paar Monate aus dem Jahr 1981 herausgepickt. Da war Forrest 71 Jahre alt und trotz vieler Gefängnisaufenthalte kein bißchen überfallmüde! Robert Redford, nun etwas über 80, möchte seine ebenfalls sehr lange Karriere mit der Rolle als Forrest beenden. Sie ist ihm auf dem Leib geschneidert. Aber vorher muß er noch einige Banken überfallen und ein akustischer Beweis, wie ruhig, geschmeidig und höflich er dabei vorgeht, ist dieser Hörschnipsel: Fehlt eigentlich nur noch, daß sich Forrest namentlich vorstellt. Soweit geht er aber dann doch nicht. Als er die bezaubernde Jewel (Sissy Spacek) kennenlernt, behauptet er, sein Name sei Bob und er verdiene sein Geld als Handelsvertreter. Wenn er nicht gerade Banküberfälle plant oder Bankfilialen seine Besuche abstattet, verbringt er jede freie Minute mit ihr und sie reden über Gott und die Welt. Da haben sich zwei einsame Seelen getroffen und gefunden. Sie nähern sich ganz vorsichtig an und es ist eine große Freude, die beiden zu beobachten. Nur mit den Ohren geht das jetzt und hier ansatzweise mit Hörschnipsel Nummer zwei: Aber kann das mit den beiden etwas werden? Zumal sich das Netz der Ermittlungsbehörden um Forrest immer enger zuzieht. Den scheint das aber nicht im Geringsten zu beunruhigen. Er und seine zwei Komplizen, einer wird von Tom Waits gespielt, machen munter weiter. Mit dem Polizisten John Hunt (Casey Affleck) spielt er sogar ein bißchen Katz und Maus. Vielleicht ist Forrest deshalb die Ruhe in Person, weil er seine vielen Gefängnisaufenthalte meistens mit spektakulären Ausbrüchen abkürzen konnte. Diese werden, 16 an der Zahl, nacheinander in kurzen Szenen und ohne ein gesprochenes Wort gezeigt. Die ersten sechs gibt’s im dritten Hörschnipsel: Besonders dieser letzte Schnipsel beweist, wie unverzichtbar die Audiodeskription ist, um der Handlung folgen und den Film genießen zu können. Den Text der Audiodeskription erarbeiteten Inga Henkel und ich, die Redaktion machte Lena Hoffmann. Wir hatten alle drei sofort eine Frauenstimme für das Einsprechen des Textes im Ohr und entschieden uns schnell für die sehr erfahrene Ilka Teichmüller als Sprecherin. Ihre Stimme hebt sich deutlich von denen der Protagonistinnen ab. Sie klingt ein bißchen rau, ein bißchen energisch, aber auch einfühlsam, je nach der Situation. Eben einfach passend zum Gauner und Gentleman! Für die fantastische Filmmusik, die einen in die Zeit Ende der 70er, Anfang der 80er driften läßt, fallen mir Attribute ein wie: Leicht, beschwingt, spannungserzeugend, melancholisch, traurig, fröhlich und auch rockig! Unter die meist instrumentale Musik mischen sich Stücke von Scott Walker, Jackson C. Frank und mein absoluter Favorit: The Kinks mit Lola! Und jetzt ist der Film leider schon zu Ende und ich spreche noch ein letztes Mal über das liebe Geld. Selbiges wird nämlich dringend benötigt, um weitere so tolle Filme barrierefrei machen zu können. Damit die Kinoblindgänger gGmbH nicht doch unter die Bankräuber gehen muß, verweise ich hier auf die Seite https://www.kinoblindgaenger.com/spenden/ Dort gibt es mehrere Möglichkeiten, die Marie zu unterstützen. Ich sage schon einmal vielen Dank!

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Das Portrait von Elle Marja im Halbprofil vor einer unscharfen Landschaft im Hintergrund. Das junge Mädchen hat dunkle wache Augen. Die langen braunen Haare sind seitlich gescheitelt und zu einem Zopf geflochten, der über der Schulter liegt.

Das Mädchen aus dem Norden

…kommt aus Schwedisch Lappland in Norrland, dem nördlichsten Teil Schwedens, und am 05. April in die deutschen und österreichischen Kinos! Elle Marja, ganz wunderbar gespielt von Lene Cecilia Sparrok, hat das Team der Kinoblindgänger gGmbH sofort begeistert und in ihren Bann gezogen. Das war die Gelegenheit, einmal einen Film mit einer starken Frauenfigur als Projekt zu wählen! Deshalb wird „Das Mädchen“ auch von der Marie begleitet. Das heißt, es gibt eine Audiodeskription und erweiterte Untertitel, finanziert und produziert von der Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH! Einfach großartig ist, daß auch in Österreich alle Kinobegeisterten barrierefrei bei „Das Mädchen aus dem Norden“ auf ihre Kosten kommen. Die barrierefreie Fassung ist nämlich für beide Länder auf der Greta und Starks App zum Download bereitgestellt!!! Obwohl es so weit in nördliche Gefilde geht, mußte sich Marie, das Maskottchen von Kinoblindgänger gGmbH, nicht warm anziehen. Der Schnee ist längst geschmolzen, die saftig grünen Bergwiesen blühen und die Rentierkälber werden gerade markiert. Dieses Ritual vollziehen die Rentierzüchter bis heute immer nach Mittsommer in den Monaten Juni und Juli. Aber darum geht es in der Geschichte, die hauptsächlich im Schweden der 30er Jahre spielt, nur am Rande, oder vielleicht doch nicht nur? Sehr behutsam und getragen von stimmungsvoller Musik gelingt der Regisseurin Amanda Kernell nach den ersten Filmminuten ein Zeitsprung in die Vergangenheit. Und schon sitzen wir mit der 14-jährigen Elle Marja auf einer Wiese. Sie wird sich in Kürze nach einem knappen Abschied von ihrer Mutter und einem herzlichen von ihren Großeltern auf den Weg in ein Internat machen, gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester. Die fünfköpfige Familie gehört zu dem Volk der Samen, der Urbevölkerung Skandinaviens. Die Sami, wie sie sich selbst nennen, wurden bis in die 1970er Jahre noch als Lappen bezeichnet. Sie verstehen sich als ein eigenständiges Volk und haben bis heute eigene soziale, wirtschaftliche und politische Einrichtungen und kulturelle Traditionen beibehalten. Elle Marjas Familie züchtet Rentiere und lebt einsam in einer Kote in den Bergen. Jede Arbeitskraft zählt. Es wird erwartet, daß Elle Marja nach dem Aufenthalt in der Internatsschule eigens für Kinder von samischen Eltern schnellstmöglich zurückkehrt. Aber zunächst gibt es einen Hörschnipsel zur ersten Etappe des Schulwegs der beiden Schwestern: Hörschnipsel 1 Hier sprechen die Mädchen noch samisch miteinander und Elle Marja singt einen Joik, um ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester das Heimweh zu vertreiben. Das Joiken ist ein Spontangesang, mit dem Stimmungen und emotionale Situationen ausgedrückt werden. Mit dem Samisprechen und dem Joiken ist in der Schule allerdings unverzüglich Schluß! Es darf nur schwedisch gesprochen und gesungen werden. Elle Marja scheint als einzige der Schüler Gefallen daran zu finden. Sie ist die Klassenbeste und kann ihren Wissensdurst kaum stillen. Sie bewundert ihre Lehrerin und sucht deren Nähe. Dazu Hörschnipsel 2 Aber nach diskriminierenden Anfeindungen einiger Jungs aus dem Dorf und erniedrigenden rassenbiologischen Untersuchungen an der Schule beschließt sie, ihren eigenen sehr eigenwilligen Weg zu gehen, allen Widerständen zum Trotz. Dazu Hörschnipsel 3 So behutsam wie beim Zeitsprung am Beginn des Filmes erzählt Amanda Kernell auch die ganze Geschichte des Mädchens. Und als Tochter eines Samen weiß sie, wovon sie spricht! In Elle Marjas Gesicht läßt sich wie in einem offenen Buch lesen, was sie gerade fühlt. Ob sie begeistert, wütend, erstaunt, ernst oder freudig erregt ist, das Hörfilmbeschreiber-Team hat ihre jeweiligen Gefühlslagen möglichst genau beschrieben. Das gilt auch für die wunderschönen Landschaftsbilder, hier ist eine Hörfilmbeschreibung also unverzichtbar! Der Text der Audiodeskription stammt von der Autorin Inga Henkel und mir. Lena Hoffmann machte die Redaktion und Susanne Hauf sprach das Ergebnis mit ihrer schönen ruhigen Stimme ein. Genauso sanft wie in die Vergangenheit holt uns Amanda Kernell am Schluß wieder in die Gegenwart zurück! Und auch ich komme zum Ende, aber nicht ohne auf den Filmtrailer zu verweisen, den die Kinoblindgänger gGmbH ebenfalls barrierefrei gemacht hat! Den Trailer, noch mehr Details zum Film, und wie ihr die Projekte unterstützen könnt, findet ihr unter http://www.kinoblindgaenger.com/projekte/das-maedchen-aus-dem-norden/  

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Filmstill aus “Ein Tag wie kein anderer“: Zwei Männer sitzen sich in Korbstühlen gegenüber. Konzentriert schauen sie sich an. Die Handflächen der beiden liegen aufeinander. Dem Jüngeren klemmt ein Joint zwischen den Lippen.

Ein Tag wie kein anderer

Das ist keine Reise nach Jerusalem, auch wenn dieser Film dort schon war, um beim Jerusalem Film Festival gleich fünf Preise abzuräumen. Aber es geht nach Israel, in eine andere Stadt, die im Gegensatz zu Jerusalem am Meer liegt, und Stühle gibt es dort auch mehr als genug. Ab dem 11. Mai ist in den Kinos jeder Tag „Ein Tag wie kein anderer“ Und der ist dank Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH barrierefrei!!! Die Audiodeskription und die erweiterten Untertitel für den Film aus Israel waren rechtzeitig zur Premierentour ab dem 08. Mai bei der App Greta und Starks zum Download bereitgestellt. Auf den ersten Blick hatten wir drei vom Hörfilmbeschreiber-Team, Inga Henkel, Lena Hoffmann und ich, ein bißchen unterschätzt, was beim Arbeiten an der Audiodeskription dann auf uns zukam. Der junge israelische Regisseur erzählt seine Filmgeschichte mit viel Ruhe und sehr behutsam. Er verzichtet auf hektische Ortswechsel. Ohne verwirrende Zeitsprünge oder Rückblenden verstreicht ein Tag Stunde für Stunde wie im Leben. Seinen wenigen, aber um so charismatischeren Filmfiguren läßt er viel Zeit bei all dem, was sie miteinander oder für sich alleine tun oder nicht tun. Eigentlich ideale Voraussetzungen, möglichst viel und genau von der Szenerie zu beschreiben, dachten wir! Aber die Tücke steckte im Detail beziehungsweise in wahnsinnig vielen und doch immer bedeutsamen Feinheiten. Der Mensch ist oft vorschnell versucht zu behaupten, daß ein Tag der schönste, anstrengendste, glücklichste, komischste, chaotischste, überraschendste, traurigste, lustigste, absurdeste oder schrecklichste in seinem Leben gewesen sei. Mit diesen Superlativen sollte man sehr vorsichtig sein, denn man weiß ja nie, was noch kommt, und das ist auch gut so! Wenn der Film einsetzt, haben Vicky und Eyal den traurigsten Tag in ihrem Leben bereits hinter sich. Und auch der siebte und letzte Tag der Schiv’a, eines jüdischen Trauerrituals, neigt sich gerade dem Ende zu. Das Begräbnis ihres gerade einmal 25 Jahre jungen Sohnes liegt eine Woche zurück. Nun ist die Zeit der Trauer vorbei und die letzten Verwandten und Freunde sind gerade dabei, sich von Vicky und Eyal zu verabschieden. Jetzt kehrt Ruhe ein und die beiden sind jedenfalls für kurze Zeit alleine. Ein Tag wie kein anderer mit einer Prise von allen der oben aufgezählten Superlative beginnt und entläßt den Kinobesucher am Ende dank des feinen jüdischen Humors mit einem lächelnden Auge! Abgerundet wird der Tag von einer genialen Filmmusik, die mal melancholisch, zwischendurch auch etwas trotzig und rhythmisch fetzig, aber nie überfrachtet ist. Aber besser als Worte vermitteln die beiden folgenden Hörschnipsel aus der Audiodeskription einen ersten Eindruck von der besonderen Stimmung dieses Films und wie wunderbar die Stimme der Sprecherin Ann Vielhaben das Filmgeschehen begleitet. Die Aufnahme entstand bei speaker-search genau während des alljährlich stattfindenden Girls’Day und so war dieser Tag für alle Beteiligten bestimmt kein Tag wie jeder andere! „Hörschnipsel“ 1 https://www.blindgaengerin.com/wp-content/uploads/2017/05/Ein-Tag-Schnipsel1.mp3 „Hörschnipsel“ 2 https://www.blindgaengerin.com/wp-content/uploads/2017/05/Ein-Tag-Schnipsel2.mp3

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