Blog Blindgaengerin

Autorenname: Barbara

Anke Nicolai, die Blindgängerin und Ralf Krämer, alle in warmer Winterkleidung, vor einem Plakat mit dem Bärenlogo der Berlinale. Im Hintergrund die Fassade des Berliner Zoo-Palastes.

Mit Ralf bei der Berlinale im Zirkus

Und ich übergebe gleich das Wort an meinen geschätzten Kollegen und guten Freund, den Journalisten und Filmbeschreiber Ralf Krämer: „Ob es nun ein Geschenk zum 75. Geburtstag der Berlinale war oder nicht, in diesem Jahr gab es auf den Internationalen Filmfestspielen Berlin für blinde und sehbehinderte Kinofans ein größeres Angebot als je zuvor.15 deutsch- und ein englischsprachiger Film mit deutscher Audiodeskription standen auf dem Programm. Dazu zählte auch der Dokumentarfilm „Zirkuskind“.Die ganz besondere Vorführung im großen Saal des Berliner Zoo-Palastes haben wir, die Blindgängerin und ich, besucht. Aber wie jedes Festival beginnt auch unser Bericht mit der Eröffnung.Zum ersten Mal gab es während der feierlichen Eröffnungsgala der Berlinale eine Live-Audiodeskription. Den Saal, die stets wechselnde Beleuchtung, die Outfits und die vielen eingespielten Filmausschnitte galt es zu beschreiben und die vielen Promis auf dem roten Teppich zu erwähnen. Und das bei sehr wenig Zeit zwischen den Wortbeiträgen.Die Live-AD, getextet und gesprochen von Anke Nicolai, konnte über Audioguides und Kopfhörer leider nur in der zum Kino umgebauten Uber Eats Music Hall empfangen werden. Dort waren 40 Plätze für blinde und sehbehinderte Menschen reserviert und die waren sehr begeistert.Die zeitversetzte Übertragung der von Désirée Nosbusch moderierten Gala samt der Überreichung des Ehrenbären für das Lebenswerk an Tilda Swinton im rbb oder beim ZDF/3sat war so straff gekürzt, dass nicht eine Sekunde Zeit für die AD gewesen wäre, schade!Aber der Blindgängerin wurde das Skript der Live-AD zugespielt. Hier eine Kostprobe mit der Beschreibung von Tilda Swintons wie immer hinreißenden Äußeren:„Sie ist groß, hager, hat hellblondes hochgegeltes Haar, das an den Seiten abrasiert ist, blaue Augen, hohe Wangenknochen, eine gerade Nase und geschwungene rot geschminkte Lippen. An ihrem linken Ohr glänzen zwei silberne Ringe. Swinton trägt den bodenlangen dunklen Mantel mit kleinem Stehkragen, Kunstpelzbesatz an Kragen und vorderem Saum sowie glänzenden Knöpfen.“ Sowohl im großen Berlinale Palast mit seinen 1631 Sitzplätzen als auch in der Music Hall konnte man dann mit der Greta-App der Audiodeskription des Eröffnungsfilms, Tom Tykwers „Das Licht“ lauschen.Gleiches gilt auch für den Berlinale-Trailer mit seiner rotierenden Kugel aus lauter goldenen Bären, die schließlich explodiert und sich in einen Funkenregen auflöst.Den Link zum Trailer mit der von Ulrike Hübschmann gesprochenen AD gibt es ganz unten. Der wahrlich zauberhafte Berlinale-Trailer passte dann auch perfekt zum Start der Vorführung von „Zirkuskind“, am frühen Montagmorgen im Zoo-Palast.Der Film von Julia Lemke und Anna Koch, der als erster Dokumentarfilm von der Initiative „Der besondere Kinderfilm“ gefördert wurde, feierte seine Weltpremiere im Berlinale Programm Generation Kplus. Bei „Zirkuskind“, empfohlen ab sieben, wurde die Audiodeskription live von Anke Nicolai eingesprochen und wie bei der Eröffnung über Audioguides und Kopfhörer zugänglich gemacht. Diese technische Lösung war im Vorfeld mit einer eingeladenen Grundschulklasse der Berliner Johann-August-Zeune-Schule für Blinde abgesprochen.Damit wurde sichergestellt, dass das noch nicht so im Umgang mit Smartphones geübte junge blinde Publikum gleich von Anfang an dem Film und der Bildbeschreibung folgen konnte. Und so tauchten alle (und wir), die in den großen Saal hereinspaziert waren, in den Alltag des Zirkus Arena ein. Im Mittelpunkt stehen dabei der etwa 12jährige Santino und sein jüngerer Bruder Gitano. Sie helfen ihrem Vater, ihren Großvätern und Tanten beim Auf- und Abbau der Zelte, beim Verkauf flackernd bunter Plastikspielzeuge und üben erste artistische Nummern ein. Als wiederkehrendes Motiv stellt sich Santino mehrfach vor einer neuen Schulklasse vor, von der er weiß, dass er sie und seine neugewonnenen Freunde schon nach wenigen Wochen wieder wird verlassen müssen. Immer wieder streiten sich Santino und Gitano darum, wer denn nun mit dem schweren Hammer die massiven Heringe des Zirkuszeltes in den Boden schlagen darf. Das erzählt nachvollziehbar auch von der gewissen Monotonie des unsteten Lebens eines Wanderzirkusunternehmens. Irgendwann schien uns das aber eher redundant. Wir hätten uns stattdessen mehr Details aus dem Leben mit den Zirkustieren gewünscht, statt noch einmal mitzuerleben, dass am Ende der Vater der Brüder doch den Großteil der schweren Hammerarbeit erledigen muss. Pferde, Kamele, Hunde und Rinder mit imposanten Hörnern begleiten den Zirkus auf seinem Weg. Wohl wissend, dass Tierdressuren mittlerweile eher kritisch gesehen werden, schafft es zumindest die Frage einer Mitschülerin von Santino in den Film, ob im Zirkus „Tiere gequält würden“. Der Junge antwortet mit einem entschiedenen „Nein!“ Kein Betrieb, der mit Tieren arbeitet, würde so streng kontrolliert wie der Zirkus, heißt es einmal noch. Viel mehr erfährt man über die Haltung, Ausbildung und die Auftritte der Tiere leider nicht.Trotzdem ist „Zirkuskind“ durchaus gelungen. Die Familienmitglieder scheinen die Kameras während der langen Dreharbeiten gar nicht wahrzunehmen. Das führt zu vielen spannenden und auch immer wieder berührenden Einblicken in die Geschichte der traditionsreichen Zirkusfamilie. Für letztere ist Uropa Ehe zuständig, der mit seinen über 80 Jahren zu den „letzten großen Zirkusdirektoren Deutschlands“ zählt. Wenn er zum Beispiel von seinem einstigen Star, dem Elefantenbullen Sahib erzählt, übernehmen fantasievoll von Magda Krebs und Lea Majeran animierte Szenen die Bebilderung. In der Audiodeskription wurde dies so angekündigt: „Ein gezeichneter Trickfilm“.Dass bei dem abschließenden Publikumsgespräch ein Kind mit Sehbehinderung erstmal fragte, was eigentlich ein Trickfilm sei, machte deutlich: Bei der Erstellung von ADs für Kinder- und Jugendfilme sollte unbedingt auch das junge blinde Zielpublikum mit einbezogen werden. Auf großes Interesse stieß die abschließende Ankündigung, dass die jungen „Zirkuskinder“ im Kino-Foyer noch Autogramme geben würden. So bekamen zumindest die eifrigsten Autogrammjäger wohl nicht mehr mit, wie die Moderatorin gewissermaßen als Zugabe noch einmal dazu aufrief, sich für die Kinder-Jury der Berlinale zu bewerben. Diese Einladung gelte ganz besonders auch „allen Marginalisierten, egal ob Ihr schwarz oder trans seid oder eine Behinderung habt.“ Da fragten wir uns schon, ob man hier ernsthaft der Meinung war, gerade Kinder auf diese Weise angemessen anzusprechen. Der Veranstaltung, in der eigentlich ganz selbstverständlich Inklusion praktiziert wurde, erwies dieses unbeabsichtigt exkludierende Finale dann doch eher einen, nun ja, Bärendienst. Froh stimmte uns hingegen, dass wir mit Anke Nicolai noch ein Foto in der kalten Winterluft machen konnten und uns über das austauschten, was die Berlinale auch weiterhin noch an barrierefreien Veranstaltungen zu bieten hatte. Zum Beispiel eine weitere Vorstellung von „Zirkuskind“, mit offener, einer für alle hörbaren Live-Audiodeskription, erweiterten Untertiteln

Mit Ralf bei der Berlinale im Zirkus Weiterlesen »

Die Blindgängerin sitzt an ihrem Schreibtisch. Ihre linke Hand liegt auf der Tastatur des aufgeklappten Laptops. Mit der rechten Hand stellt sie eine moderne runde Tischuhr auf die Schale einer altertümlichen Waage. Die Uhr zeigt fünf vor zwölf. Auf dem Tisch ein rotes Schlüsselband mit der Aufschrift "International Leipzig Festival for Documentary and Animated Film".

Beim DOK 2024 in Leipzig

Ist alles nur eine Frage der Gewichtung! Zeit hatte ich eigentlich keine für einen Besuch des 67. Internationalen Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm vom 27.10. bis 03.11.2024 Aber die Verlockung, wieder die tolle Festival-Atmosphäre beim DOK Leipzig zu genießen, mit lieben Menschen nach Herzenslust Filme zu schauen und den Gesprächen der Filmteams nach den Vorstellungen zu lauschen, wog einfach viel schwerer als mein Zeitproblem. Jede Ausgabe des DOK wird von einem anderen Festivalmotiv geprägt. Das des vergangenen Jahres deutete ich laienhaft so:Die auf dem Plakat prangende Schere zur Hand nehmen und sich sein persönliches Filmprogramm zurechtschneiden. Dieses Jahr stehen auf pinkfarbenem Hintergrund zwei rote Gussgewichte leicht versetzt dicht voreinander, das hintere ist größer und etwa viermal so schwer wie das vordere. Die Gewichte in Zylinderform haben oben einen Knopf, um sie anheben zu können.Und jetzt übergebe ich die Deutungshoheit des Motivs an den Festivalleiter Christoph Terhechte:„Wie immer soll unser Festivalmotiv Anstoß geben, Verhältnisse zu hinterfragen – denn es gibt häufig unterschiedliche Perspektiven auf ein und denselben Aspekt.“Also Aspekte in Relation betrachten, abwägen und eventuell austarieren.Genau das habe ich gemacht und schon war ich da, mit leichtem Gepäck dieses Mal allerdings nur für eine Übernachtung. Am Donnerstag gegen 9:30 Uhr erwartete mich mein Begleiter Nino wie schon so oft in den vergangenen Jahren am Bahnhof und dann ein sehr eng getaktetes Programm. Aber bevor es ins Kino geht, die übliche Frage: Wie zugänglich und barrierefrei ist das Festival?Die Antwort fällt mir leicht: Das DOK Leipzig ist und bleibt ein Schwergewicht in beiden Aspekten!Und ich zitiere wieder einmal sehr gerne von der Website: „Unser Ziel ist, dass Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen gemeinsam Filme schauen und diskutieren können. Deshalb arbeiten wir daran, dass alle Personen möglichst barrierefrei Zugang zum Festival haben.“Dazu gehört beispielsweise die Beschreibung von vielen Fotos und Filmstills auf der Website, Informationen über Aufzüge, Rampen, Rollstuhlplätze, Behindertentoiletten usw. zu allen Kinos und Spielstätten, der Hinweis zu dem einzigen Kinosaal mit Induktionsschleife, das Angebot eines Begleitdienstes mit der Diakonie Leipzig. Blinde, Sehbeeinträchtigte und Festivalbesucher im Rollstuhl konnten sich von zu Hause oder einer Haltestelle aus zum gewünschten Kino begleiten lassen. Das Angebot von Filmen mit barrierefreier Fassung stellte wie in den vergangenen zwei Jahren die erfahrene Hörfilmautorin Paula Schumann zusammen, das Budget fest im Blick und abgestimmt mit ihren Kolleginnen und Kollegen von der Programmabteilung. Für 19 Filme gab es direkt auf der Leinwand eingeblendete erweiterte Untertitel für Menschen mit Hörbehinderung. Bei vier dieser Vorstellungen wurden die Filmgespräche in Gebärdensprache übersetzt. Ich hatte die Wahl zwischen zehn Langfilmen, für die eine Audiodeskription bei der Greta App verfügbar war und warf aus Zeitgründen nur 3 in die Waagschale.Zu meiner großen Freude konnte ich mir auch die AD für den Festivaltrailer herunterladen.Der wurde zu Beginn jeder Vorstellung gezeigt. Es ist immer wieder faszinierend, was in 35 Sekunden visuell auf der Leinwand alles so passieren kann. In diesem Jahr spielten natürlich die roten Gewichte die Hauptrolle und eine weiße Taube, die Trophäe des DOK, hatte wie in jedem Trailer ihren Auftritt. Etwa in der Mitte des Trailers sitzen plötzlich mehrere rote Gewichte wie Menschen in den Sesseln eines Kinosaals.Mir gefällt die Vorstellung, dass jedes Gewicht ein schwerwiegendes Argument ist, Filme am besten im Kino zu schauen, oder warum eigentlich einmal nicht im Knast?Die ungewöhnlichste Spielstätte vom DOK ist die Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen.Seit einigen Jahren bewertet eine Gefangenen-Jury ausgewählte Filme und vergibt beim DOK im Knast den sogenannten „Gedanken-Aufschluss-Preis“.Den verliehen, ich sag’s mit einem Zwinkern, die „schweren Jungs“ in diesem Jahr „Im Prinzip Familie“, auch meinem absoluten Favoriten des Festivals! Mir ging, allerdings in einem ganz normalen Kinosaal, bei Daniel Abmas Dokumentarfilm das Herz auf. Hier einige zitierte Zeilen zum Film: Wenn Eltern ihrer Fürsorgepflicht nicht mehr nachkommen können, stürzt für die Kinder oft die ganze Welt zusammen. Plötzlich sind nicht mehr Mama oder Papa zuständig, sondern das Jugendhilfesystem.Daniel Abma hat eine Wohngruppe im ländlichen Raum über mehrere Jahre begleitet. Er beobachtet gleichermaßen zugewandt wie zurückhaltend professionelle Erziehende, die fünf Jungs zwischen sieben und vierzehn Tag für Tag geben wollen, was sie am Dringendsten brauchen: Geborgenheit, Orientierung, ein Zuhause. Vielleicht dachte der ein oder andere Inhaftierte beim Schauen des Films, sein Leben hätte eine andere Wendung genommen, wäre er genau in dieser Wohngruppe untergekommen.Die Vorführungen in der JSA sind auch für Publikum offen und ich wäre gerne einmal dabei, wenn der Knast zum Kinosaal wird. Und die Greta App funktioniert ja auch hinter schwedischen Gardinen. Mit der Stimme der Sprecherin der Audiodeskription konnte ich mich nicht so recht anfreunden und vor allem anfangs war ich mir manchmal nicht ganz sicher, welcher von den Jungs und Betreuern gerade miteinander agierten.Aber im Prinzip konnte ich dem teils turbulenten Geschehen doch ganz gut folgen. Daniel Abmas Film, der am 05. Juni 2025 mit barrierefreier Fassung über die Greta App in den Kinos startet, wurde dann auch noch mit dem „ver.di-Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness“ und dem „film.land.sachsen-Preis für Filmkultur im ländlichen Raum“ ausgezeichnet. Ich war vorgewarnt, aber das Zünglein an der Waage, mir „Truth or Dare“ von Maja Classen anzuschauen, war meine Neugierde. Und einen Porno mit Audiodeskription gibt es ja auch nicht alle Tage. Die war unter den drei Hörfilmfassungen übrigens meine Nummer eins! Feinfühlig getextet und von der Sprecherin sensibel in die Dialogpausen platziert, vermittelte die AD die Begegnung von drei Paaren und einer Gruppe sexpositiver Personen.„Gemeinsam die Softness erforschen, schauen, wo die Körper hinführen, zulassen, dass sich Hautzellen und Nervenenden kennenlernen – und bei jedem Schritt nachfragen, wo die Grenzen liegen.“Gesprochen wurde mindestens genauso viel wie sich behutsam berührt und gegenseitig erforscht. Es eröffnete sich mir wie so oft bei Dokus eine ganz fremde Welt und ich hörte sehr gerne den Mitwirkenden beim Erzählen ihrer Geschichte zu.Nur bei der für mich nicht enden wollenden Gruppenperformance wurde mir teils genauer, als es mir lieb war, beschrieben, wer da gerade mit wem, was und wie…Und zum Schluss der zitierte Text zum Film: „Sexpositive Begegnungen, post-Lockdown. Eine Gruppe von Menschen erforscht ihre nonbinäre Lust, erfragt ihre Grenzen, keine erotische Zone ist selbstverständlich. Care & Curiosity, genau jetzt.“

Beim DOK 2024 in Leipzig Weiterlesen »

Luca, eine birnenförmige weiße Figur mit schwarzer Umrandung und großen Kulleraugen, hält in der linken Hand ein Schild mit der Aufschrift "Danke!" und winkt mit der rechten Hand. Ringsum am Bildrand grüne Tannenzweige mit roten Weihnachtskugeln.

Es ist geschafft!

Am 20. Oktober gestartet, konnte die Crowdfunding-Kampagne bei Startnext zur Finanzierung von Kinoblindgängers Erklärvideo „Heroes für alle: Barrierefreie Filmfassung – Wie geht das?“ am 20. Dezember vorzeitig und erfolgreich abgeschlossen werden. Und das anvisierte Ziel wurde nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen. Damit ist geklärt, ich werde das etwa achtminütige animierte Erklärvideo mit diesem vielversprechenden Titel wirklich moderieren! Das Heroes für alle-Team hat sich nach neun sehr aufregenden Wochen bereits in eine wohlverdiente kurze Pause begeben. Ich bin Luca und es ist mir eine Ehre, im Namen des überglücklichen Teams den insgesamt 112 Spenderinnen und Spendern für ihre großartige Unterstützung des Projekts ganz herzlich zu danken! Wer sich jetzt fragt, wer ist noch mal dieser Luca und worum soll es in dem Erklärvideo gehen: Der Teaser der Kampagne, in dem all diese Fragen beantwortet werden, ist nach wie vor mit barrierefreier Fassung in Blindgängerins YouTube-Kanal online und auch hier unten zu finden. Und auf der Webseite www.kinoblindgaenger.com wird es unter „Aktuelles“ Informationen zum Stand der Dinge geben. Bis jetzt bin ich eine birnenförmige weiße Figur mit großen Kulleraugen, die zwar den Mund bewegen kann, nur dass kein Ton herauskommt. Das wird sich schon im Januar ändern, wenn mir die Blindgängerin, Anne und Ralf eine Stimme aussuchen. Ich bin schon sehr gespannt und habe größtes Vertrauen in die drei Paar Ohren. Und noch zwei waren ganz maßgeblich am Gelingen der Kampagne beteiligt: Gerald übernahm das Organisatorische bei Startnext und ist ein großer Unterstützer des Projekts. Jürgen ist neben der Blindgängerin der zweite Geschäftsführer der Kinoblindgänger gGmbH und ohne sein stetes Wirken im Hintergrund gäbe es keine Kampagne und keine Kinoblindgänger. Aber jetzt gehe auch ich in die Pause, wünsche frohe Weihnachten, ruhige entspannte Feiertage und alles Gute für das neue Jahr!

Es ist geschafft! Weiterlesen »

Ein Gruppenbild des Teams. Auf weißen Stühlen sitzen Ralf Krämer, Anne Isensee und Barbara Fickert nebeneinander. Rechts neben ihnen auf einem schwarzen Bürosessel sitzt Luca, eine birnenförmige weiße Figur mit blauer Umrandung und großen Kulleraugen. Luca hält in der linken Hand ein Schild mit der Aufschrift "Danke!" und winkt mit der rechten Hand Richtung Kamera. Im Hintergrund Tische mit Monitoren und einer Grünpflanze vor einer weißen Wand, an der Bilder hängen. Eine Tür ist geöffnet.

Heroes für alle

Moment mal, da fehlt doch die Hälfte!„Heroes für alle: Barrierefreie Filmfassung – Wie geht das?“Jetzt ist der Titel komplett!Mein Name ist Luca. Ich darf das etwa achtminütige animierte Erklärvideo mit diesem vielversprechenden Titel moderieren und aufpassen, dass sich keine Fehler einschleichen.Aber bevor Kinoblindgänger mit der Produktion des Videos starten kann, muss eine recht beträchtliche Summe über die Crowdfunding-Kampagne bei Startnext zusammenkommen.In dem vierminütigen Teaser für die Kampagne hatte ich schon einen ersten kurzen Einsatz, hier geht’s lang: https://www.startnext.com/heroes-fuer-alle Aus diesem Clip stammt auch das Foto. Ich sitze winkend auf einem schwarzen Bürostuhl bei den dreien, die nebeneinander auf Stühlen sitzen und – so scheint es – nach getaner Arbeit die Hände in den Schoß legen. Aber der Schein trügt! Am Drehbuch wird bereits intensiv gefeilt, damit es dann, wenn die benötigte Summe verfügbar ist, gleich losgeht.Die drei sind übrigens: Ralf Krämer, Filmbeschreiber, freier Autor und Kulturjournalist, die Animationsregisseurin Anne Isensee und die Blindgängerin.Wie eingangs erwähnt, wird das Erklärvideo animiert sein.Eine Kostprobe, was Ana María Angel vom Animationsstudio monströös mit einem digitalen Stift auf ihrem Grafikbildschirm so zaubern kann, gibt es gleich in der ersten Minute des Teasers. Und auch ich, Luca, stamme aus ihrer „Feder“.Und jetzt noch ein Satz, was es mit dem Erklärvideo auf sich hat:Es richtet sich an Filmschaffende, den Nachwuchs im Blick, und wird zeigen, wie eine qualitativ hochwertige barrierefreie Filmfassung entsteht.Ich jedenfalls kann es kaum abwarten und zähle auf euch!Das Team freut sich über jeden Like, jedes Teilen des Videos und natürlich auch über jeden Euro.

Heroes für alle Weiterlesen »

In einem orangefarbenen Pulli und mit einem Stück Kreide in der Hand steht die Blindgängerin neben einer schwarzen Tafel. Darauf steht in orangener Schrift 6 plus 12 ist kleiner gleich 1.

Die Gleichung ihres Lebens

Was hatte es gleich noch mal mit den Primzahlen auf sich? Sie sind nur durch 1 oder durch sich selbst teilbar Wie die 1, 2, 3, 5, 7 und so weiter und so weiter und so weiter bis ∞. Aber ist auch jede höhere gerade Zahl als 2 die Summe zweier Primzahlen, wie behauptet von Christian Goldbach, einem Mathematiker aus dem 18. Jahrhundert?Bewiesen ist seine Aussage, die sogenannte Goldbachsche Vermutung, bis heute nicht. Sie zählt zu den bekanntesten ungelösten Problemen der Mathematik. Ausgerechnet mit diesem kniffligen Problem aus dem Bereich der Zahlentheorie beschäftigt sich Marguerite an der Pariser Universität ENS in ihrer Doktorarbeit. Wird es der hochbegabten Mathematikstudentin gelingen, als erste die Goldbachsche Vermutung zu beweisen? Der Film von Regisseurin Anna Novion löst es auf in „Die Gleichung ihres Lebens“, seit dem 27. Juni auch in den deutschen Kinos. X steht in mathematischen Gleichungen für eine Zahl, deren Wert noch unbekannt oder variabel ist. Im übertragenen Sinn birgt jeder Filmstart die folgenden zwei Variablen oder Unbekannten in sich:Wurde für den Film eine barrierefreie Fassung produziert?Wenn ja, wird diese zum Kinostart auch bei der Greta App zum Download bereitgestellt?In diesem Fall kann ich ganz einfach auflösen:Beides ist bei dem französisch-schweizerischen Spielfilm ohne deutsche Förderung nur dank des Engagements des Weltkino Filmverleihs passiert, wie ein Blick in die Greta App beweist. Das ist großartig, aber noch nicht alles. Obendrauf gibt es auch den Trailer, der große Lust auf den Film macht, mit Audiodeskription und erweiterten Untertiteln, voilà! Ella Rumpf = MargueriteBeide Frauen brillieren gleichermaßen, Marguerite in der Mathematik, Ella Rumpf in ihrer Rolle der Studentin.Marguerites Tagesablauf ist ziemlich berechenbar. Entweder läuft sie gedankenversunken mit Rucksack und an ihrem Haargummi nestelnd durch die Flure der Uni zu Hörsälen oder zu dem Büro ihres Doktorvaters. In der Mensa sitzt sie abseits ihrer Kommilitonen alleine am Tisch und abends büffelt sie in ihrem Zimmer im Studentenwohnheim und brütet über Formeln. Julien Frison = LucasDer sympathische junge Mann, Marguerites Kommilitone, hat im Gegensatz zu ihr neben der Mathematik noch andere Interessen. Er spielt Posaune in einer Brass-Band und ist sehr kontaktfreudig. Zu ihrem großen Entsetzen muss sie sich mit ihm von einem Tag auf den anderen auch noch ihren verehrten Doktorvater teilen. Das Fass läuft über, als Lucas ihre Argumentation vor Publikum widerlegt. Sonia Bonny = NoaDie lebenslustige etwas chaotische junge Frau bietet Marguerite gleich bei ihrem ersten zufälligen Treffen an einer Bushaltestelle ein Zimmer in ihrer Wohnung an. Eines haben die beiden gemeinsam, sie brennen für ihre wenn auch völlig unterschiedlichen Visionen.Marguerite bringt zunächst Ordnung in die Wohnung und sorgt dank ihrer frisch erworbenen außergewöhnlichen Fähigkeiten beim Mah-Jongg-Spiel dafür, dass die Miete bezahlt werden kann. Noa kümmert sich vor allem um ihre Karriere als Sängerin und Tänzerin. Sie schleppt die noch völlig unbedarfte Marguerite in Clubs und Bars und eröffnet der Mathematikstudentin eine ganz neue Welt.Noa ist immer in fetzigen knappen Outfits unterwegs, während Marguerite immer ungeschminkt zum Beispiel ein weites graues T-Shirt, einen grünen Pullover, eine Rüschenbluse oder eine blaue Jacke trägt.Eines habe ich mit Noa übrigens gemeinsam. Unsere Mathekünste beschränken sich auf die vier Grundrechenarten. Unter meinen Matheklausuren prangte als Note meistens die vierte Primzahl, die Fünf. Marguerite + Lucas = ?Lucas nimmt nach dem großen Krach Kontakt zu Marguerite auf und ganz langsam kommen sich die beiden über ihre Leidenschaft zur Mathematik näher. Während eines Spaziergangs meint Lucas: „Und was hältst du davon, wenn wir die Primzahlverteilung als Untergrenze verwenden?“ Marguerite antwortet: „Ja, aber damit unsere Methode funktioniert, müssen wir die Siebfunktion begrenzen.“Was für ein Gespräch! Und was überhaupt bedeutet Siebfunktion?Die beiden jedenfalls rennen los in die Wohnung. Dort sind die Wände mit schwarzer Tafelfarbe gestrichen und übersät mit den wildesten Formeln. Mit oranger Kreide schreibt Lucas an eine Tafelwand. Mit weißer Kreide setzt Marguerite seine „Summe a“ in Klammern und ergänzt sie zu „a ist proportional zu n durch log n“.So arbeiten die beiden nebeneinander und immer intensiver miteinander an den Tafelwänden, tauschen dabei verstohlene Blicke, treten zurück und betrachten dann ihr Werk. Ich hätte nie für möglich gehalten, wie stimmungsvoll die Arbeit mit schnöden Zahlen und wie romantisch die Mathematik sein kann. Spezielles Licht, dominierende Farben, typische Gesten der Filmfiguren, immer wieder auftauchende Gegenstände und Symbole sind in Filmen ja kein Zufall. Dies zu vermitteln, ist nur eine der Aufgaben einer Filmbeschreibung.Dazu einige Beispiele aus der Audiodeskription, getextet von Ralf Krämer, an der wir dann gemeinsam gearbeitet haben:„Es ist Nacht. Im fahlen orangen Licht schreibt Marguerite mit Kreide an ihre Wand; Marguerite von vorn, im orangen Licht.“„In der orangen Schrift: Ein Film von Anna Novion. „Die Gleichung ihres Lebens“. Um den Schriftzug herum entsteht ein dreieckiges Gitter aus dünnen Diagonalen und Zahlen.“Und orange sind unter anderem: Türen, Seitenwände einer Rolltreppe, ein geworfener Ball, die geflieste Wand einer Cafeteria.Auch das Dreieck mit der Spitze nach oben, Marguerite nennt es die Goldbach-Pyramide, taucht immer wieder auf.Oft rückt Marguerite ihre Brille mit großen Gläsern auf ihrer Nase zurecht, nestelt mit einem Haargummi oder lässt einen kleinen Stein auf dem Tisch kreisen. Einen ersten Eindruck, wie schön sich die von Ulrike Hübschmann gesprochene Audiodeskription anhört, gibt übrigens der Trailer! Ich beende meine kleine Mathematikstunde mit gleich zwei provokanten Sätzen: Zwei Ungleichungen meines Lebens. Grundlage sind alle insgesamt 18 Filmstarts in der 26. und 27. Kalenderwoche. 6 Filme mit deutscher Beteiligung + 12 internationale ≤ 1 barrierefrei bei der Greta App verfügbar 6 Filme mit vorhandener barrierefreier Fassung ≤ 0 bei der Greta App Diese Zahlen sprechen für sich und ich hoffe, dass das vorbildliche Engagement von Weltkino Schule macht!

Die Gleichung ihres Lebens Weiterlesen »

Die Blindgängerin sitzt auf einer Parkbank auf einer mit Bäumen und Sträuchern umgebenen Wiese und schaut in ein Taschenbuch. Sie trägt einen blauen Pullover mit einem schwarzen Gürtel und blaue Jeans. Ein weißes Handtuch ist um die Schultern gelegt. Neben ihr auf der Bank ein Eimer mit Putzlappen, WC-Reiniger, ein Schrubber und eine große Flasche Sangria. An der Rückenlehne der Bank steht die LP "Transformer" von Lou Reed.

Perfect Days

„Perfekt!“Oft wird mit diesem Wörtchen am Ende eines Gesprächs auf den Punkt gebracht, daß alle Beteiligten mit dem Ergebnis mehr als zufrieden sind. Jedenfalls für den Moment. „Perfect Day“In seinem Song aus dem Jahr 1972 philosophiert Lou Reed zu einer wunderschön melancholischen Melodie, wie er sich einen perfekten Tag vorstellt. Mit wem er diesen Tag verbringen möchte, bleibt allerdings offen.„Einfach ein perfekter Tag, im Park Sangria trinken,und dann später, wenn es dunkel wird, gehen wir nach Hause.Einfach ein perfekter Tag, Tiere im Zoo füttern,und dann später noch ins Kino…“ …zum Beispiel in „Perfect Days“! Würde Lou Reed noch leben, hätte er sich den am 21. Dezember 2023 gestarteten Spielfilm von Wim Wenders garantiert schon längst angeschaut. Die beiden waren sehr gute Freunde und der Musiker hatte in drei Filmen des Regisseurs mitgespielt. „Lou wäre auch über die Figur des Hirayama sehr froh gewesen“, meinte der Regisseur in einem Interview im „Der Standard“.Hirayama reinigt öffentliche Toiletten und verbringt seine Pausen in Parks. Im Blaumann und mit einem schwarzen Gürtel sitzt er auf Parkbänken oder Steinstufen. Aber er trinkt keine Sangria, sondern liest in Taschenbüchern. Besonders gefreut hätte sich der Singer-Songwriter auch über Hirayamas Musikgeschmack.Auf dem Weg zur Arbeit schiebt der Toilettenreiniger jedesmal eine andere Kassette mit Musik aus den 70er Jahren – auch meine Musik – in sein Autoradio. Er hört zum Beispiel ein Stück von „The Animals“ oder „Velvet Underground“. Nur Lou Reed kommt mit „Pale Blue Eyes“ und natürlich „Perfect Day“ zweimal zum Zug. Er ist Wim Wenders Lieblingsstimme in der Rockgeschichte und für ihn der Schirmpatron des Films. Wim Wenders war sehr froh, daß er für die Rolle des Hirayama den japanischen Schauspieler Koji Yakusho gewinnen konnte. Der überzeugte schon die Jury bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes im Mai 2023. Ich hätte mich riesig gefreut, wenn ich mit einer Filmbeschreibung über die Greta App in die Welt des sympathischen und bescheidenen Hirayama hätte eintauchen können.„Perfect Days“ ist eine deutsch-japanische Koproduktion ohne deutsche Fördergelder. Eine Audiodeskription lag zum Kinostart nicht vor. Und was es nicht gibt, kann bei der Greta App auch nicht zur Verfügung gestellt werden.Das war so schade! Der eher dialogarme Film lebt vor allem von Bildern. Zum Beispiel – habe ich mir sagen lassen – von Koji Yakushos fantastischem Minenspiel, wie behutsam er als Hirayama mit der Natur und den Menschen umgeht, und mit welcher Sorgfalt und Hingabe er die öffentlichen Toiletten reinigt.Diese Toiletten sind natürlich etwas ganz Besonderes und spielen als Teil des sogenannten„Tokyo Toilet Project“ neben Hirayama die Hauptrolle! Zwischen 2020 und 2023 entwarfen 16 namhafte japanische Architekten und Architektinnen für den Tokioter Stadtteil Shibuya 17 Toilettenanlagen. Jede für sich ist ein Einzelstück, ästhetisch und vielfältig gestaltet und in hohem Standard und inklusiv ausgeführt. Und wie für öffentliche Toiletten besonders wichtig, aber leider die Ausnahme: Die langfristig angelegte Hygiene und Sauberkeit der stillen Örtchen. Zumindest eine vage Vorstellung von einigen der Toilettenanlagen, jede für sich ein Kunstwerk, bekam ich auf der Website: baunetz interior|design https://www.baunetz-id.de Nur so, um eine Idee zu bekommen: Dort wird eine der Anlagen als Raumschiff auf Zwischenlandung beschrieben. Eigentlich verkneife ich mir Kinobesuche, wenn für den Film keine Audiodeskription über die Greta App zur Verfügung steht. Aber bei „Perfect Days“ mußte ich einfach eine Ausnahme machen.Zum einen, weil es der Film, eingereicht von Japan, unter die fünf für den Auslandsoscar Nominierten geschafft hat und schon deshalb in aller Munde ist. Und zum anderen wegen des für mich extrem heiklen Themas „öffentliche Toiletten“! Nur wenn es unbedingt sein muß, aber eigentlich verkneife ich mir den Besuch der finsteren, nicht gerade einladend riechenden kleinen Toilettenhäuschen.Im Fall der Fälle bin ich aber immer mit einem Papiertaschentuch gewappnet und muß für den ersten Eindruck meiner Nase vertrauen. Dann vermeide ich möglichst, mit irgendetwas in Berührung zu kommen. Unterwegs, vor allem bei Bahnfahrten, verkneife ich mir jeden Schluck aus der Wasserflasche und beiße lieber in einen Apfel oder ein Stück Gurke. In Restaurants oder bei Veranstaltungen ist die Lage schon etwas entspannter und die Toiletten in der Regel ordentlich.Wenn es einmal sein muß, frage ich nach einem „Taxi zum Klo“. Ich hoffe, daß mir dies der Regisseur des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1980, Frank Ripploh, nicht übelnimmt.Bin ich in weiblicher Begleitung, ist die Sache unkompliziert. Meine Begleiterin leitet mich durch die vielen Türen des WC-Bereichs zu einer freien Kabine, wirft einen Kontrollblick hinein und unterstützt mich beim Finden eines Waschbeckens, des Seifenspenders und so weiter.Die männliche Begleitung muß draußen bleiben und ich habe mich nicht nur einmal zwischen den vielen Türen der riesigen WC-Bereiche verkeilt. Statt wie in Sofia Coppolas Film „Lost in Translation“ aus dem Jahr 2003 bin ich „Lost im WC-Bereich“.Aber letztlich habe ich immer den Weg aus den WC-Labyrinthen gefunden. Und angesichts der Tatsache, daß mehr als 40 % der Weltbevölkerung keinen Zugang zu ausreichend hygienischen Sanitäreinrichtungen haben, ist mein Problem ein Luxusproblem. Seit 2013 macht der 19. November als „Welttoilettentag“ auf diese Misere aufmerksam, ein Welttag der Vereinten Nationen im Kampf für Sanitäranlagen! Der von Japan eingereichte Spielfilm über das Tokyo Toilet Project konkurriert mit vier weiteren Filmen um den Oscar für den besten fremdsprachigen Film.Ins Rennen um die begehrte Trophäe gehen auch der britische Beitrag „The Zone of Interest“ und für Deutschland „Das Lehrerzimmer“ von Ìlker Çatak. Am 10. März fällt in Los Angeles die Entscheidung, für welches Filmteam dieser Tag ein perfekter Tag wird!

Perfect Days Weiterlesen »

Das Bild ist zweigeteilt. Links das Plakat des DOK Leipzig 2023. Auf hellrotem Hintergrund eine große Schere mit orangefarbenen Griffen. Die geöffneten Klingen zeigen nach unten. In weißer Schrift "DOK Leipzig 8.10. bis 15.10.2023". Auf dem rechten Bild stehen die Blindgängerin und ihre Begleiterin Mieke in einer gläsernen Vorhalle vor dem Plakat mit der Schere. Sie halten ihre Badges, die sie an Halsbändern tragen, in die Kamera.

Beim DOK 2023 in Leipzig

Eine Schere zur Hand nehmen und sich sein persönliches Programm für das 66. Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm 2023 vom 08. bis 15. Oktober einfach zurechtschneiden? So könnte das diesjährige Motiv des DOK auf dem Festivalplakat gedeutet werden, vor dem wir beide, Mieke, meine wunderbare Begleiterin während der Festivaltage, und ich mit unseren Badges für ein Foto posieren. Auf rotem Grund prangt eine riesige Schere mit orangefarbenen Griffen und blitzenden, zum Drauflosschneiden geöffneten Klingen! Und was für ein schöner Zufall, die Farbtöne auf dem Plakat und der meines Pullis harmonieren perfekt, habe ich mir sagen lassen. Mieke und ich hatten also zur Schere gegriffen und uns von 225 Filmen aus rund 60 Ländern unser persönliches Programm herausgeschnitten. Aber bevor es heißt „Film ab!“ möchte ich mich herzlich beim DOK für die bereits fünfte Einladung zum Festival und der unter anderem damit verbundenen Presseakkreditierung für mich und meine Begleitung bedanken! Tiefe Töne von Tuben, kurz und etwas abgehackt, seien zu hören bei „The Tuba Thieves“ von Alison O’Daniel USA 2023, dachte ich irrtümlicherweise. Das kommt davon, wenn man sich vorher nicht informiert. Ansonsten hätte ich erfahren, daß dies keine Geschichte über verschwundene und wieder auftauchende Instrumente ist, sondern der Titel der Filmemacherin lediglich als Aufhänger für ihren Dokumentarfilm zu dem Thema Hören und Nicht-Hören diente. So stellte sich im Film also die Frage, was macht das Fehlen eines Klanges mit der Wahrnehmung von Musik? Und wie nehmen gehörlose Menschen Töne, Musik und Geräusche eigentlich wahr? Eine Frage, die mich brennend interessiert! Alison O’Daniel ist hörend und erzählt aus der Perspektive von Nichthörenden, die natürlich ganz oft zu Wort kommen. Es wurde fast ausschließlich in Gebärdensprache kommuniziert, die übersetzt und für das sehende Publikum als Untertitel auf der Leinwand eingeblendet war. Zu lesen war dort auch die Beschreibung der Töne, Musik und der Geräusche, also die sogenannten erweiterten Untertitel für Menschen mit Hörbeeinträchtigung. Ich wiederum hätte eine Audiodeskription gebraucht, um neben der Bildbeschreibung auch diese Untertitel akustisch wahrnehmen zu können. So versank ich etwas verloren in meinem Kinosessel. Aber ganz zum Schluß meinte ich dann doch noch, ein ganz kurzes „Tröt“ einer Tuba gehört zu haben. Mieke neben mir war begeistert in die akustische Welt mit den vielen beeindruckenden Bildern eingetaucht! Die Tubadiebe waren beim diesjährigen Festival einer von 18 Filmen mit eingeblendeten erweiterten Untertiteln, das sind mehr geworden! Und wie jedes Jahr wurden ausgewählte Filmgespräche in deutsche Gebärdensprache übersetzt. Warum tauchen eigentlich immer wieder Überschriften auf mit dem Tenor: „Betroffenen eine Stimme geben“? „Betroffene haben alle eine Stimme, Menschen mit Gewalterfahrungen haben Stimmen, bloß werden sie nicht gehört!“, ein Zitat von Detlef Zander und er weiß, wovon er spricht. Seit den 50er Jahren bis weit über das Jahr 2000 hinaus wurden hunderte Kinder und Jugendliche in den Kinderheimen der evangelischen Brüdergemeinde in der kleinen Gemeinde Korntal in der Nähe von Stuttgart mißbraucht. Zwangsarbeit, körperliche Züchtigung und sexualisierte Gewalt waren an der Tagesordnung. Detlef Zander als Betroffener machte im Jahr 2014 die Verbrechen erstmals öffentlich und engagiert sich seitdem mit anderen Opfern für die Aufarbeitung der Taten. Knapp zehn Jahre später läßt die Drehbuchautorin und Regisseurin Julia Charakter in ihrem Dokumentarfilm vor allem „Die Kinder aus Korntal“ zu Wort kommen, die immer noch um Aufklärung und Wiedergutmachung kämpfen. Die Stimmen und die ergreifend schmerzhaften Beiträge einiger Frauen und Männer haben sich fest in mein Gedächtnis eingebrannt. Für ihren Film wider das Vergessen wurden Julia Charakter und ihr Team mit dem Förderpreis der DEFA-Stiftung ausgezeichnet! Bei Johnny liegt die Sache anders. Ihm wird eine Stimme gegeben, weil er keine hat! In dem animierten Dokumentarfilm „Johnny & Me“ gibt die Regisseurin Katrin Rothe ihrer Protagonistin Stefanie eine Schere zur Hand. Ruckzuck ist die Miniaturausgabe von John Heartfield aus einem Bogen Pappe ausgeschnitten, spricht und los geht die Zeitreise durch sein bewegtes Leben! Der im Jahr 1891 als Helmut Herzfeld in Berlin-Schmargendorf geborene Maler und Grafiker starb 1968 in Ost-Berlin. John Heartfield gilt als Erfinder der politischen Fotomontage und geriet als überzeugter Kommunist während und nach den beiden Weltkriegen immer wieder zwischen die Fronten. Es gibt also viel zu erzählen und mir gefiel die Idee dieser mal ganz anderen Zeitreise mit Stefanie und Johnny sehr! Diese beiden unbedingt empfehlenswerten Filme hatte Mieke ausgesucht. Mir wären sie ansonsten entgangen, und zwar aus folgendem Grund: Mein Fokus liegt auf den mit Audiodeskription (AD) bei der Greta App bereitgestellten Filmen, allerdings waren diese beiden nicht darunter. Vor allem bei Johnny wäre eine Filmbeschreibung sehr hilfreich gewesen. Die MAZ war schon in Arbeit, aber nicht rechtzeitig fertig. Und ganz allgemein nachgefragt, wie zugänglich und barrierefrei war das DOK 2023? Im Sinne des diesjährigen Motivs geantwortet, das Festival schnitt hervorragend ab! Hier ein Zitat von der Website: „Unser Ziel ist, daß Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen gemeinsam Filme schauen und diskutieren können. Deshalb arbeiten wir daran, daß alle Personen möglichst barrierefrei Zugang zum Festival haben.“ Erstmals gab es Beschreibungen von vielen Fotos und Filmstills auf der Website, toll! Informiert wurde auch über Aufzüge, Rampen, Rollstuhlplätze, Behindertentoiletten usw. zu allen Kinos und Spielstätten. Neu war auch das Angebot eines Begleitdienstes mit der Diakonie Leipzig. Blinde, Sehbeeinträchtigte und Festivalbesucher im Rollstuhl konnten sich von zu Hause oder einer Haltestelle aus zum gewünschten Kino begleiten lassen. Meine nächste Haltestelle und zugleich Endstation in diesem Beitrag heißt: Das Filmangebot mit Audiodeskription bei der Greta App, sechs Lang- und drei Kurzfilme! Zum zweiten Mal stellte Paula Schumann, das Budget fest im Blick, ein möglichst umfangreiches und abwechslungsreiches Programm für das blinde und hörbeeinträchtigte Publikum zusammen und stimmte sich dabei mit ihren Kolleginnen und Kollegen der Programmabteilung ab. Zu ihren Aufgaben gehört auch, dafür zu sorgen, daß die Audiodeskriptionen rechtzeitig zum Festival erstellt und bei der Greta App verfügbar sind. Als Mitglied des Hörfilm e.V., der Vereinigung deutschsprachiger Filmbeschreiberinnen und Filmbeschreiber, weiß Paula genau, worauf sie dabei zu achten hat. Das macht sich bei der Qualität der Hörfilmfassungen enorm bemerkbar. Und diese schnitten auch dieses Jahr bis auf einen kleinen Ausrutscher sehr sehr gut ab! Und hier meine Filmauswahl: Beim Animationsfilm sind der Fantasie

Beim DOK 2023 in Leipzig Weiterlesen »

Die Blindgängerin und die Filmbeschreiberin Elke Cremer im Studio bei Deutschlandfunk Kultur. Sie stehen vor einem langen Tisch mit Mischpulten und Monitoren.

Was zum Nachhören

Wer schreibt, der bleibt,und die, die sprechen, auch! Worüber wir da, im Radio und im Podcast sprachen,könnt ihr da, vor euren Empfangsgeräten, ganz in Ruhe nachhören! Aber wer sprach da eigentlich mit wem und wo? Eine Station war die Medienstadt Potsdam-Babelsberg anläßlich des„Radioeins inklusiv – der Radioday zur Vielfalt am Tag der Deutschen Einheit“!Am 03. Oktober übernahmen bei Radioeins – einem Sender des RBB – den ganzen Tag Menschen das Mikrofon, die mit einer Behinderung leben. Von zehn bis elf moderierte Jonas Karpa, als ob er noch nie etwas anderes gemacht hätte! Wille Felix Zante und ich waren seine Gäste. Wir drei Kinofans hatten uns zuvor der Jahreszeit entsprechend den grandiosen Film „Fallende Blätter“ zu Gemüte geführt und sprachen darüber, wie man als blinder oder gehörloser Mensch einen Kinofilm erlebt. https://www.radioeins.de/programm/sendungen/sendungen/369/2310/231003_sondersendung_1011_m.html?mc_cid=d960c5a8ef&mc_eid=aadcfcf9f7 Und dann hatten wir gleich zu Beginn der Sendung einen tollen Überraschungsgast! Knut Elstermann, der Filmkritiker und Moderator des Filmmagazins „12 Uhr mittags“ (jeden Samstag bei Radioeins) schaute kurz ins Studio! Im regulären Programm des Deutschlandfunks in Berlin-Schöneberg durften die Filmbeschreiberin Elke Cremer und ich über unsere gemeinsame Arbeit sprechen. Für die Anmoderation mit Hildegard Knef, dem Räuber Hotzenplotz und natürlich der sympathischen Moderatorin der Sendung, Elena Gorgis, verweise ich gleich auf den Link zum Reinhören: https://www.deutschlandfunkkultur.de/im-maschinenraum-des-kulturbetriebs-5-die-audiodeskription-dlf-kultur-5554f2c9-100.html Und schon sind die sieben Minuten wie nix verflogen! Etwas länger, aber genauso kurzweilig ist die 150. Folge des Indiefilmtalk Podcast!Seit sechs Jahren sprechen Yugen Yah (Regisseur) und Susanne Braun (Theaterwissenschaftlerin) regelmäßig mit verschiedenen Leuten aus der Filmbranche.Ihre Devise lautet:“Wir wollen was ändern und die Branche öffnen, damit etablierte Filmschaffende und Talente zusammenkommen und Themen von allen Seiten beleuchtet werden.” Wir saßen an einem runden Tisch, die Animationsregisseurin und Animatorin Anne Isensee, der Musiker, Komponist und Filmbeschreiber Jonas Hauer und ich. Und natürlich Susanne Braun, der ich jetzt sofort das Wort übergebe: https://indiefilmtalk.de/episodes/150-cinaesthesie-natuerlich-barrierefrei/ Und hier zum Nachlesen der Link zu dem spannenden Projekt: https://www.filmuniversitaet.de/artikel/detail/cinaesthesie-translating-animation Es ist schön, daß das gesprochene Wort dank der Technik konserviert werden kann, das geschriebene Wort büßt deshalb aber in keiner Weise an Bedeutung ein! Darum habe ich hier über gesprochene Worte geschrieben.

Was zum Nachhören Weiterlesen »

Eine Barbie-Puppe mit langen blonden Haaren sitzt im tiefen Schnee, der aus Watte ist. Sie trägt ein pinkfarbenes Kleid, schaut in die Kamera und winkt mit einem pinkfarbenen Tuch. Auf dem verschneiten Berg hinter ihr ein grüner VW-Käfer. Auf seinem Dach steht ein geöffneter blauer Koffer. Am Gipfel des Watte-Schneeberges stehen grüne Tannen mit Schnee in den Zweigen. Dahinter ein klarer blauer Himmel.

Die Blindgängerin im Barbie-Land!

„Er hat den Barbie-Koffer vergessen, mein Opa!“ Kaum hatte die Premierenvorstellung am pinkfarbenen Teppich von „Barbie“ im Theater am Potsdamer Platz begonnen, erwachte in mir das kleine Mädchen von damals und es schoss mir durch den Kopf:„…bei meiner Seel‘, wie ist es meiner Barbiepuppe damals bloß ergangen?“ Der auf dem Autodach abgestellte blaue Plastikkoffer, kaum größer als ein Schuhkarton, wird bei der ersten Kurve in den Schweizer Bergen im hohen Bogen am Straßenrand in einem riesigen Schneehaufen gelandet sein. Ich stellte mir vor, wie meine Barbie-Puppe zuerst mächtig durchgeschüttelt und vielleicht aus dem Koffer herauskatapultiert wurde. Oder in ihrer Behausung zusammengekauert vor Kälte schlotterte oder sogar von einem Schneepflug zermalmt wurde?Und im Nachhinein gefragt: Welche Folgen hatte das Schicksal meiner Puppe für ihr Pendant im Barbie-Land? Diesen Ort in Pink und aus Plastik kreierten Noah Baumbach (Drehbuch) und Greta Gerwig (Drehbuch und Regie).Dort führen, wie ich das verstanden habe, alle irdischen Barbie- und Ken-Puppen als lebensgroße Plastikpuppen unter sich ein sorgloses unbeschwertes Leben.Diese Parallelwelt ist mit allen Utensilien ausgestattet, die das Barbie-Universum so hergibt, und liebevoll bis ins letzte Detail durchgestylt. Morgens erwacht Barbie, ganz zauberhaft gespielt von Margot Robbie, in ihrer Traumvilla in einem Bett in Form einer Muschel unter einer Glitzerdecke. Im Badezimmer steht sie unter der Dusche, aus der natürlich kein Wasser kommt, und die Haarbürste schwebt über ihrem blonden langen Haar. In der geräumigen Küche springt eine Waffel aus dem Toaster. Herzallerliebst ist das kleine Sahnehäubchen, das heranschwebt und zielsicher auf der Waffel landet. Dann schaut auch noch das Sahnehäubchen namens Ryan Gosling als ihr Freund Beach-Ken vorbei!Ach ja, das Leben ist so schön und könnte eigentlich auf ewig so schön weitergehen!Aber plötzlich bekommt Barbies Glücksendlosschleife einen Knacks, und dann auch noch diese Plattfüße und Cellulitis! Jetzt kommt im Film die reale Welt ins Spiel und auf die dramatische Lage meiner Barbie-Puppe übertragen könnte es sich Mitte der 60er Jahre folgendermaßen zugetragen haben:In der Parallelwelt läge Barbie mit Frostbeulen und Schüttelfrost in ihrer Muschel. Trotz hohen Fiebers hätte sie sich gemeinsam mit Ken auf den Weg in die Schweizer Alpen gemacht. Inzwischen von Puppen zu Menschen aus Fleisch und Blut geworden, würden sie im perfekten Ski-Outfit gekonnt die Berge herunterwedeln, das Auto meines Opas finden, anhalten und mit Opas Hilfe meine Barbie aus einem Schneehaufen wie aus einer Lawine bergen oder den Koffer gerade noch vor dem heranfahrenden Schneepflug retten.Was für eine fast filmreife Geschichte. Ich hätte als damals Siebenjährige mit im Auto nicht schlecht gestaunt, Barbie und Ken in Lebensgröße und als Menschen zu treffen! Aber halt, ganz so war es doch nicht.Der Barbie-Koffer wurde nur beinahe vergessen und im letzten Moment vor der Heimfahrt wohl doch noch eingepackt. Jedenfalls versicherte mir meine Schwester, daß sie später und sogar ihre Söhne Anfang der 90er Jahre mit meiner Barbie samt Koffer spielten. Was für ein Glück für meine Barbie, die durch so viele Kinderhände ging und der Opa ist rehabilitiert!Ich kann mir meinen Irrtum nur so erklären, daß mein Interesse schon wegen der fisseligen kleinen Klamotten und den vielen winzigen Schühchen, bei denen immer einer fehlte, doch stark nachgelassen hatte. Aber der Film „Barbie“ ist einfach wundervoll!!!Und ich tu’s noch einmal, Barbie, natürlich wieder mit Audiodeskription über die Greta App!Ich ziehe meinen Hut vor dem Beschreiber-Team Silke Nagel und Jonas Hauer.Bei den vielen Barbies, Kens und den schier unendlich vielen Details nicht den Überblick zu verlieren und sich auf die wichtigsten zu konzentrieren, war bestimmt die größte Herausforderung. Und dann noch die Tanzszenen!Die für mich bis jetzt unbekannte Sprecherin Larissa Koch war eine sehr gute Wahl! Auch wenn es noch so turbulent wurde, behielt sie die Ruhe und zwischen dem vielen Geplapper der Barbies hob sich ihre Stimme sehr gut ab. Ein besonders großes Dankeschön geht an Warner Bros. Ohne das Engagement des Verleihs hätte ich bei „Barbie“ in die Röhre geguckt. Kaum auszuhalten der Gedanke, daß wirklich alle außer mir über den Film mit der berühmtesten Puppe der Welt sprechen, die übrigens nicht nur meine Namensvetterin, sondern auch genauso alt ist wie ich! Und wegen des pinkfarbenen Fadens:Wie von Nina Hagen gesungen, den Farbfilm zu vergessen, hätte bei der Premiere fatale Folgen gehabt:„Nun glaubt uns niemand, wie schön‘s hier war – haha!Du hast den Farbfilm vergessen, bei meiner Seel‘,alles pink und pink und pink und später nicht mehr wahr!“

Die Blindgängerin im Barbie-Land! Weiterlesen »

Das Bild ist zweigeteilt. In der linken Bildhälfte eine goldene Lola-Statue vor hellem blauen Licht. In der rechten Bildhälfte stehen die Blindgängerin und Seneit Debese von der Greta App vor einer weißen Wand mit den Logos des Deutschen Filmpreises und einiger Sponsoren. Die Blindgängerin trägt ein helles Cocktailkleid mit passender kurzer Jacke. Seneit trägt ein dunkelblaues langes Kleid mit freien Schultern. Beide lachen in die Kamera.

Lola 2023

Es hatte einen besseren Riecher als ich, das Alphabet! In Blindgängerins YouTube-Kanal waren die 11 LOLA TALKS mit barrierefreier Fassung in die Kategorien „Bester Spiel-, Dokumentar- und Kinderfilm“ aufgeteilt. Die Filmtitel zu den jeweiligen Talks pro Gruppe wurden in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt.An dieser unverfänglichen Reihenfolge hat sich nach der Verleihung des 73. Deutschen Filmpreises am 12. Mai 2023 weniger geändert als von mir gedacht.Jetzt lasse ich den spannenden Abend der Lola 23 mit so vielen Gänsehautmomenten Revue passieren und warum eigentlich nicht einmal in alphabetischer Reihenfolge?Los geht’s mit A wie Ankommen bei perfektem sonnigen LOLA-Wetter, nicht zu warm und nicht zu kalt zur Preisverleihung erstmals im Theater am Potsdamer Platz. B wie begleitet dieses Mal von Seneit Debese, Geschäftsführerin der Greta App.Nach ein, zwei Drinks und leckeren Snacks (unter anderem einer Zimtschnecke) im Foyer schlenderten wir herum und Seneit hielt Ausschau nach bekannten Gesichtern, übrigens sehr erfolgreich! Außerdem bekam ich von ihr während des ganzen Abends eine Rundum-Bildbeschreibung. C wie Corona, war, wie wunderbar, zum ersten Mal seit drei Jahren überhaupt kein Thema! D wie Dokumentarfilm. Ich hatte mit L wie „Liebe, D-Mark und Tod“ oder K wie „Kalle Kosmonaut“ gerechnet.Aber große Überraschung, die Lola für den besten Dokumentarfilm ging an E wie „Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen“!Ein Punkt für das Alphabet! E wie Ehrenpreis/ EhemaligeZitat von Volker Schlöndorff: „Der Ehrenpreis ist was Besonderes, weil er von Kollegen kommt, einfach schön, schön, schön!“ Überreicht wurde ihm die Lola von Alexandra Maria Lara, der Präsidentin der Deutschen Filmakademie. Sie sprang ein, weil der Arm des ihm zu Ehren als Laudator per Livestream zugeschalteten John Malkovich einfach nicht lang genug war! Das Quartett der vier ehemaligen Präsidentinnen und Präsidenten Senta Berger, Günter Rohrbach, Iris Berben und Ulrich Matthes teilte sich die Laudatio für die vier in der Kategorie „Beste Regie“ Nominierten. Die Trophäe ging an İlker Çatak für „Das Lehrerzimmer“! F wie Filmmusik, für mich ganz wichtig, um in einem Film mit Haut und Haar zu versinken.Mir gefriert immer noch das Blut in den Adern beim Gedanken an die teils minimalistische, aber um so eindringlichere Musik in „Im Westen nichts Neues“.Nach einem Oscar erhielt Volker Bertelmann für seine Komposition jetzt auch die Lola in der Kategorie „Beste Filmmusik“! G wie gerührt waren sie alle, nachdem Laudator oder Laudatorin den Umschlag aufgerissen und nach einer gefühlten Ewigkeit endlich verkündet hatten, wer sich in der gerade vorgestellten Kategorie auf der Bühne die Lola abholen darf!Ich habe noch Albrecht Schuchs brüchige Stimme im Ohr. Der bereits mehrfache Empfänger einer Lola wurde dieses Mal ausgezeichnet für die „Beste männliche Nebenrolle“ in „Im Westen nichts Neues“. Besonders emotional war Gesa Jägers Dankesrede, ausgezeichnet für „Bester Schnitt“ in „Das Lehrerzimmer“. H wie herzlich, endlich gibt mir das Alphabet das H, um allen Preisträgerinnen und Preisträgern und natürlich auch den Nominierten herzlichst zu gratulieren! I wie in Blindgängerins YouTube-Kanal gibt es jetzt eine Playlist exklusiv mit den LOLA TALKS zu den ausgezeichneten Filmen. https://youtube.com/playlist?list=PLuMDSTYBbFSdAU6c3GXtJMs2QGbS7mng2 J wie Jasmin Shakeri, als Schauspielerin, Sängerin und Songschreiberin geradezu prädestiniert, den Deutschen Filmpreis zu moderieren. Und tanzen, habe ich mir sagen lassen, kann sie auch. Wortgewandt, angriffslustig und souverän führte sie durch den Abend und hatte die Fäden fest in der Hand.Und sie führt meine Liste an: Beste Moderation! K wie Kinderfilm, hier hatte ich den besseren Riecher als das Alphabet!Ich war mir ziemlich sicher, daß die quirlige Ulja dem eher gemütlichen Räuber Hotzenplotz die Lola vor der Nase wegschnappt und lag im Gegensatz zum Alphabet richtig.Die Trophäe für den besten Kinderfilm ging an „Mission Ulja Funk“!Aber die dritte, sehr liebevoll gemachte Verfilmung der Figur des Kinderbuchautors Otfried Preußler, „Der Räuber Hotzenplotz“, war ein sehr starker Konkurrent. L wie Laudatio, die alle sehr kreativ und unterhaltsam waren.Besonders einfallsreich fand ich die Idee von Nadja Uhl, den Text ihrer Laudatio für den besucherstärksten Film „Die Schule der magischen Tiere 2“ von einer KI schreiben zu lassen. Das Ergebnis? Na ja! Sie mußte dann doch selbst ran.Klaas Heufer-Umlaufs Laudatio für „Bestes Drehbuch“ zu lauschen war ein Genuß, amüsant und die Bedeutung des Drehbuchs auf den Punkt gebracht! M wie musikalische Begleitung, für die dieses Jahr ein superprofessionell agierender DJ zuständig war. Er übernahm auch den Job des Ausbremsers, wenn die Preisträgerinnen und Preisträger mit ihren Dankesreden nicht zum Ende kommen konnten.Aber es geht doch nichts über Live-Musik, wie die von Karim Sebastian Elias mit seinen fantastischen Musikerinnen und Musikern in den letzten beiden Jahren. N wie nachhaltiges Veranstaltungskonzept der Deutschen Filmakademie Produktion.Dieses beinhaltet einen möglichst geringen Energieverbrauch, wenig Abfall und ein vegetarisch beziehungsweise veganes Catering. Und wie wunderbar es bei der Logowand mit 1.700 bunten saisonalen Stauden, Beet-, Balkon- und Grünpflanzen am recycelten roten Teppich geduftet haben muß! Die Gäste durften die Pflanzen nach der Veranstaltung mit nach Hause nehmen. Mache ich nächstes Mal auch. O wie Oscar-Gewinner. „Wir haben OG‘s unter uns“, meinte Jasmin Shakeri.Im Publikum saßen die frischgebackenen Oscargewinner und -gewinnerinnen von „Im Westen nichts Neues“!Und noch ein OG war im Saal. Der Film „Die Blechtrommel“, bei dem Volker Schlöndorff Regie führte, erhielt 1980 einen Oscar. P wie Premiere war die Übertragung der Show im Livestream ab 19 Uhr in der ZDF-Mediathek. Q wie Qual der Vorauswahl. Diese schöne Qual lag bis jetzt bei in jedem Jahr neu gebildeten Vorauswahl-Kommissionen. Daran wird sich wohl etwas ändern. R wie respektvoller Umgang beim Filmemachen.Wirklich alle, die sich auf der Bühne für die Lola natürlich auch bei dem gesamten Team bedankten, betonten die harmonische, faire Zusammenarbeit auf Augenhöhe und den respektvollen und kollegialen Umgang miteinander. Nur so können tolle Filme entstehen! S wie Spielfilm. Der Höhepunkt des Abends ist die Vergabe der drei Lolas in der Kategorie „Bester Spielfilm“. Sie bleibt dem Präsidium der Akademie und der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien vorbehalten. Claudia Roth überreichte die Lola in Gold zu meiner Überraschung an das Filmteam von „Das Lehrerzimmer“! Die Präsidentin Alexandra Maria Lara und Präsident Florian Gallenberger übergaben die Lola in Silber an das Team von „Im Westen nichts Neues“, und die in Bronze an „Holy Spider“!Das Alphabet hatte also bis

Lola 2023 Weiterlesen »

Nach oben scrollen